Pünktlich zum Frühlingsbeginn entsteht auf dem Campus Nord ein neuer Parkplatz, auf Kosten einer Wildblumenwiese. Das Bauvorhaben führt zu Empörung unter den Studierenden, zumal es dem Klimaschutzkonzept der HU zu widersprechen scheint. Doch die Lage ist verzwickter, als sie anmutet – und wirft Fragen auf.

An einem Freitag im März um 9 Uhr früh auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität zu Berlin: In dem studentischen Café Flora durchdringt ein ohrenbetäubendes Brummen die Wände und bringt Tische und Stühle mit allem, was sich darauf befindet (Laptops, Mate-Flaschen, Studis) zum Beben. Die Quelle des Getöses: Die Baustelle nebenan, die seit Anfang des Monats in Betrieb ist. Wo letzten Sommer noch Klatschmohn und Kornblumen am Wegesrand blühten, wird nun asphaltiert.

Es ist der Asphalt der neuen Parkplätze eines Großbauprojektes: In den kommenden vier Jahren soll hier der Forschungsbau Optobiologie entstehen, gefördert vom Land Berlin und dem Bund. Ein „Raum für interdisziplinäre Spitzenforschung“ soll es werden – klingt nach einem unterstützenswerten Vorhaben. Innerhalb dieses Vorhabens wird jedoch eine Wildblumenwiese, ein kleiner aber symbolträchtiger Ort des Biodiversitätsschutzes, unter Zement begraben. Das stößt unter den Student*innen auf Empörung.

Was ist mit dem im Jahr 2023 verabschiedeten Klimaschutzkonzept – Klimaneutral bis 2030? Pendelverkehr, heißt es darin, stelle „eine Hauptquelle von THG (Anm. d. Red.: Treibhausgasen) im Mobilitätsbereich der HU im Gesamten dar“. Der Einfluss der Universität auf diese Emissionsquelle werde dabei als „gering“ eingestuft und sei „lediglich durch Angebote beeinflussbar“. Wie passt da ein neuer Parkplatz, wohlgemerkt mit Fahrradständern, ins Bild?

Ganz so einfach wie geglaubt verhält sich die Sache jedoch nicht. Inzwischen sind die Bauarbeiten für die Parkplätze abgeschlossen und im Café Flora und unter den Gemütern der Studierenden ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Was erst nach Fertigstellung der Parkfläche ersichtlich wird: Sie ist ausschließlich für Menschen mit Behinderung vorgesehen. Damit ist sie ein vielfach geforderter Schritt in Richtung Inklusion an der Humboldt-Universität – und definitiv ein unterstützenswertes Vorhaben.

Plötzlich steht der Konflikt in einem anderen Licht: Hier prallen nicht Klimaschutz und Autoverkehr aufeinander, sondern zwei gleichberechtigte gesellschaftliche Ziele – Inklusion und Biodiversität. Es verdeutlicht die Herausforderungen in der Umsetzung von intersektionalem Klimaschutz, die schon auf Hochschulebene entstehen. Viele Fragen bleiben hier offen: Hätte es alternative Standorte für den Parkplatz gegeben? Wie ökologisch relevant war die Wildblumenwiese für Tier- und Pflanzenarten? Wurde dies geprüft? Eine Antwort seitens der zuständigen Senatsverwaltung steht bislang aus.

Die vielleicht wichtigste offene Frage lautet: Wie können derartige Entscheidungen und Konflikte zukünftig besser gelöst werden? Der klare Wunsch nach mehr Transparenz und Mitsprachemöglichkeiten unter den Student*innen besteht. Ob das Studierendenparlament in Zukunft den Raum für Debatten dieser Art öffnen kann, bleibt abzuwarten. 


Foto: Svenja Runge