Am 23. Februar sind Bundestagswahlen. Für viele von uns ist es ganz selbstverständlich, an diesem Sonntag ins örtliche Wahllokal zu gehen – oder schon vorab per Briefwahl gewählt zu haben. Manche wählen zum ersten Mal, für manche ist das nichts Neues mehr. Wie aber fühlt es sich an, in Deutschland zu leben und nicht wählen zu dürfen?
Rund 23 Millionen Menschen in Deutschland sind auf Bundesebene nicht wahlberechtigt. Darunter fallen etwa Kinder und Jugendliche und Straftäter*innen in Fällen, bei denen ihre Straftaten sich direkt gegen den demokratischen Prozess richteten, beispielsweise durch Wahlfälschung, Abgeordnetenbestechung oder Landesverrat. Doch auch Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind davon betroffen. Circa 10 Millionen Erwachsene in Deutschland besitzen keinen deutschen Pass und dürfen demnach nicht wählen. Davon wurden ungefähr 1,5 Millionen sogar in Deutschland geboren.

Eine von ihnen ist Burcu. Sie wurde 1993 als Kind türkischer Eltern in Berlin geboren. Ihr Vater lebte zu dem Zeitpunkt selbst schon seit zehn Jahren in Deutschland. Als 14-Jähriger kam er mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland. Burcus Mutter lernte er bei einem Aufenthalt in der Türkei kennen. Er sah sie in einem Bus und verliebte sich sofort in sie. Dann holte er sie nach Deutschland und heiratete sie.
Burcus Geschwister – geboren 2003 und 2008 – haben die deutsche Staatsbürgerschaft von Geburt an. Burcu blieb dieses Privileg verwehrt. Zu früh geboren. Erst ab 2000 wurde das sogenannte „Geburtsortsprinzip“ eingeführt, das besagt, dass man auch mit zwei ausländischen Elternteilen bei Geburt automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhält. Sie habe vor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen, sagt sie. Dies sei jedoch ein langer und schwieriger Prozess, auch wenn das Internet vieles vereinfacht habe. Den Antrag könne man mittlerweile sogar online stellen.
Burcu hat Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen in der Türkei studiert. Nach ihrem Studium kehrte sie nach Berlin zurück und arbeitete bei dem türkischen Nachrichtendienst TRT Deutsch. Heute arbeitet sie bei Western Union. Ein Punkt, der Burcu sehr am Herzen liegt, ist, das politische Geschehen mitzugestalten: „Für mich persönlich wäre es wichtig zu wählen, weil ich damit aktiv die Politik beeinflussen kann. Außerdem schützt Wählen vor Extremismus.“ Bei der aktuellen politischen Situation fühle sie sich als Person mit Migrationshintergrund ohne deutschen Pass nicht sicher, erzählt sie. Daher rät sie auch all ihren Freund*innen, wählen zu gehen. Einige seien noch unentschlossen, doch Burcu findet: „Der Rechtsruck in Deutschland ist stark. Man muss wählen gehen und seine Stimme nutzen, um dem entgegenzuwirken.“
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