Bei der Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften im Mai letzten Jahres tauchte das umgedrehte Dreieck, das auch von der Hamas benutzt wird, neben anderen antisemitischen Parolen auf. Rund ein Jahr später stellt sich nun die Frage: Wie kann Solidarität mit dem palästinensischen Volk aussehen, ohne dabei in antisemitische Muster zu verfallen? Einen Versuch stellt die Palästina-AG der Studis gegen Rechts dar, die sich am Sonntag im Görlitzer Park zum Kennenlernen und Vernetzen zusammengefunden hat.
„Sumud“ ist das arabische Wort für „Standhaftigkeit“ oder „standhafte Ausdauer“. Das erklären Mitglieder der Studis gegen Rechts und des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbandes (SDS), die das Treffen im Görlitzer Park organisiert haben. Zwei von ihnen waren für ein FSJ selbst in Israel.
Doch Standhaftigkeit? Standhafte Ausdauer? Was genau bedeutet das?
Um dem näher zu kommen, liest die Gruppe Berichte von Palästinenser*innen, die auf Postern an einer Mauer zwischen Bethlehem und Jerusalem festgehalten werden. Handys werden herumgereicht, auf denen die Gruppe Bilder von den Postern sehen kann. So liest man von Verlust, Mangel und Leid.
Ein Olivenfeld, das einst für Kultur und wirtschaftliche Stärke stand, ist durch die israelische Besatzung nun nicht mehr zugänglich. Diabetes Erkrankte warten auf Insulin, das ihnen durch die Gaza-Blockade verwehrt bleibt. Frauen berichten von Übergriffen an Checkpoints.
Die Standhaftigkeit heißt hier: Die Repressionen aushalten, mit Forderungen auf die Straße gehen, oder trotz der Gefahr von Übergriffigkeit einen Checkpoint passieren. Die Organisator*innen unterbrechen zwischen jeder Geschichte, Eindrücke und Meinungen der Teilnehmenden sind dann willkommen.
Soweit bleibt die Stimmung offen und sachlich. Doch als das Treffen von einem Mann unterbrochen wird, der sich selbst erst als Pro-Palästina und israelische Amtsträger, dann als „H**söhne“ bezeichnet, verweist ein Organisator ihn umgehend in einem ruhigen Gespräch von dem Treffen.
Angesichts der Bilder von dem umgedrehten Dreieck und von weiteren antisemitischen Parolen bei der Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaft im Mai letzten Jahres, ist diese Reaktion beruhigend. So wirkt das Treffen diplomatischer.
Ein Eindruck, der sich in einem Gespräch mit einem der Organisator*innen bestätigt.
Laut ihm müsse man realistisch bleiben, man werde den Nahostkonflikt „aus Berlin so einfach nicht lösen können.“ Selbstverständlich hätten Jüdinnen und Juden eine lange Verfolgungsgeschichte hinter sich und Solidarität mit dem palästinensischen Volk mit Antisemitismus zu verwechseln, würde „am Ende nur den Rechten in die Karten spielen.“ In der AG solle es also viel mehr darum gehen, die Menschen abzuholen, Fragen zu beantworten und weiter auf ein wichtiges Thema aufmerksam zu machen.
Am 22. Mai will die AG diesem Vorhaben weiter nachgehen, indem sie in der TU ein Screening des Films „No Other Land“ veranstaltet. Im Anschluss soll eine Diskussionsrunde stattfinden.