Depressiv zu sein bedeutet krank zu sein. Wer das nicht versteht, droht die Gefahr von Depressionen zu unterschätzen und wird Betroffene nicht unterstützen können.

Barney Stinson scheint die Lösung gefunden zu haben. Die Lösung dafür, nicht mehr traurig zu sein: „When I get sad, I stop being sad and be awesome instead“. Der How I Met Your Mother Charakter erklärt in der zweiten Staffel der Serie, dass er einfach aufhört traurig zu sein, wenn er traurig wird und ist stattdessen großartig. Dass dieses Konzept auch auf Menschen mit Depressionen anwendbar ist, denken noch immer viele Außenstehende. 2019 gaben 21 Prozent der Befragten des “Deutschland-Barometers Depressionen” an, dass sie „sich zusammenreißen“ für ein sehr geeignetes oder eher geeignetes Mittel gegen Depressionen halten.

Antworten wie diese oder auch die Idee, dass Schokolade essen gegen Depressionen hilft – wie 18 Prozent der Befragten dachten – entstehen unter anderem aus der Annahme, dass Menschen mit Depressionen nur eine schlechte Phase hätten. Ein gefährliches Vorurteil, sagt auch Julia Ebhardt. Die Psychotherapeutin betreut die Jugendplattform FIDEO unter dem Dach der Stiftung Deutschen Depressionshilfe. Im Verlauf der Erkrankung können sich, so Ebhardt, auch Suizidgedanken entwickeln. „Eine Depression ist eine sehr sehr schwere und ernstzunehmende Erkrankung, die tatsächlich sehr unterschätzt ist.“

2017 erkrankten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 322 Millionen Menschen an einer Depression. Zu den 4,1 Millionen davon in Deutschland gehörte auch ich. Im Sommer 2017 erlebte ich erstmals, was, wie ich später lernen sollte, als depressive Episode bezeichnet wird. Seit etwa 3,5 Jahren sind Phasen, in denen es mir schwer fällt aufzustehen, das Haus zu verlassen, mich zu konzentrieren oder für irgendetwas Begeisterung zu finden, meine Wegbegleiter. „Geh doch mal raus“ oder „Du musst dich nur mal wieder bewegen“ sind Ratschläge, die mir nicht geholfen haben und die auch anderen Menschen mit Depressionen nicht helfen können. Denn: „man behandelt eine Depression mit Psychotherapie und, oder Antidepressiva“, erklärt Ebhardt. Auch der Mythos, ein Urlaub könne die Depressionen heilen, ist falsch.

Menschen mit Depressionen sind krank. Ihre Krankheit muss wie jede andere von einem Arzt und manchmal auch medikamentös behandelt werden. Allerdings ist das Krankheitsbild oft nicht so eindeutig, wie bei physischen Krankheiten. Man wird nicht von heute auf morgen depressiv, „oftmals ist eine Depression ein schleichender Prozess“, sagt die Psychotherapeutin Ebhardt. Was sie allerdings von den sogenannten schlechten Phasen, die es natürlich auch gibt, unterscheide ist, dass der Zustand mindestens 14 Tage anhält. „Alles was davor ist, sind meist Stimmungsschwankungen.“, sagt Ebhardt. Nicht jeder, der mal traurig ist, hat gleich Depressionen, gleichermaßen sind Menschen mit Depressionen niemals einfach nur traurig.

Wenn Betroffene, frei nach der Barney-Stinson-Methode, einfach aufhören könnten depressiv zu sein, würden sie das tun. Doch dazu ist man nicht in der Lage. Wenn ich mich in einer Episode befinde und am frühen Nachmittag noch immer im Bett liege, wünsche ich mir nichts mehr als einfach aufzustehen, aber das kann ich nicht. Der womöglich gut gemeinte Ratschlag, es doch einfach zu tun und rauszugehen, hilft mir nicht. Was mir aber hilft ist Verständnis für das, was ich erlebe, dafür wie sich meine depressiven Episoden nach außen hin darstellen und dafür, dass ich nicht einfach aufhören kann, depressiv zu sein.


Dieser Text ist Teil unseres Themenschwerpunktes Mentale Gesundheit. Alle Texte sind hier zu finden.

Wer Hilfe sucht, kann sie hier finden:

Infos über Depression für junge Menschen: www.fideo.de
deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
E-Mailberatung von Jugendlichen für Jugendliche: www.u25-deutschland.de
Beratungsstellen vor Ort: https://dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/
Psychologische Studierenden-Beratung an der HU: https://www.hu-berlin.de/de/studium/beratung/psyber