Am 25.11. findet jährlich der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Auch in Deutschland ist dieser Tag relevant: Jeden Tag wird eine Frau aufgrund ihres Geschlechts ermordet. Die Berliner Koalition will elektronische Fußfessel für Täter einführen, doch schützt das Frauen wirklich?

Femizide stellen die höchste Form geschlechtsspezifischer Gewalt dar: Die Ermordung einer Frau, weil sie eine Frau ist. Oft werden diese in (Ex-)Partnerschaften ausgeübt, sie können aber auch außerhalb stattfinden. Hintergrund von Femiziden ist, dass Männer sich im Recht sehen, über das Leben einer Frau zu verfügen.

Auch in Berlin macht sich diese Gewalt gegen Frauen sichtbar. Mindestens 29 Frauen wurden hier im Jahr 2024 ermordet, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich höher. Nicht nur quantitativ schockiert diese Statistik, sondern auch qualitativ. So erschütterte 2022 der Fall von der 31-Jährigen Zohra Mohammad Gul die Öffentlichkeit: Sie wurde am 29. April 2022 von ihrem Ex-Mann in Pankow auf offener Straße mit einem Jagdmesser niedergestochen. Die Polizei unternahm im Vorfeld kaum etwas, obwohl die sechsfache Mutter schon oft Anzeige gegen ihren Ex-Partner erstattet hatte.

Diese lange Kette der Gewalt beantwortete die Berliner Koalition nicht mit umfassenden Präventsionsmaßnahmen sondern mit roten Gedenkbänken und Fußfesseln für Täter. Doch Fußfesseln haben ein entscheidendes Problem. Sie greifen erst, wenn die Gewalt bereits eskaliert ist und wir in einem Justizsystem leben, in welchem Opfern geglaubt wird. Dass das noch lange nicht der Fall ist, zeigt sich an allen Ecken: Immer wieder berichten Frauen, dass Anzeigen ins Leere laufen, Verfahren eingestellt werden oder Warnsignale nicht ernst genommen werden. Eine elektronische Überwachung ersetzt keinen konsequenten Schutz, keine sichere Unterkunft und keine schnelle Intervention, wenn Täter sich trotz Auflagen nähern.

Das Patriarchat lässt sich nicht mit Fußfesseln überwinden

Fußfesseln beruhigen die Öffentlichkeit, weil sie den Anschein von Kontrolle vermitteln. Doch in Wahrheit bleiben die Machtverhältnisse unangetastet. Solange Männer glauben, über das Leben und den Körper einer Frau verfügen zu dürfen, bleibt  Gewalt bestehen, ob mit oder ohne elektronische Überwachung. Sie entsteht dabei nicht im luftleeren Raum, sie wächst aus patriarchalen Strukturen, die Männern Dominanz lehren und Frauen Gehorsam abverlangen. Medien, Justiz, Politik und Polizei reproduzieren diese Logik, wenn sie Täter entschuldigen oder die Taten als „Beziehungsdramen“ verharmlosen. Technische Maßnahmen können keine Befreiung bringen, solange die Wurzel des Problems, das Patriarchat, unangetastet bleibt. Befreiung bedeutet, diese Ordnung radikal in Frage zu stellen und anzugreifen. Erst wenn diese Machtverhältnisse gebrochen sind, wird wirklicher Schutz möglich. Nicht Fußfesseln können das Problem lösen, sondern nur gesellschaftliche Veränderung.

Berlin spart am Schutz für Frauen

Hinzu kommt, dass in Berlin weiterhin massive Lücken im Schutzsystem bestehen. In den Jahren 2026 und 2027 drohen jeweils 800 Millionen Euro im Sozial- und Bildungsbereich zusätzlich zu den bereits in 2025 drei Milliarden Euro gekürzt zu werden. Im Detail bedeutet das Einsparungen in Höhe von 2,57 Millionen Euro im Haushalt für den Bereich „Frauen und Gleichstellung”. Allein in Berlin fehlen bereits jetzt rund 500 Frauenhaus-Plätze gemessen an den Vorgaben der Istanbul-Konvention, bundesweit sind es sogar geschätzt 14.000 Plätze. Frauen und Kinder werden abgewiesen und sich selbst überlassen.

Der Staat reagiert auf Femizide mit Symbolpolitik, während die materiellen Strukturen des Schutzes kaputtgespart werden. Frauenhäuser kämpfen ums Überleben, während Milliarden in Kriegs- und Überwachungstechnologien fließen. Der Ruf nach Fußfesseln ist nichts anderes als ein Versuch, Verantwortung zu verschieben, weg von politischen Entscheidungsträger:innen, hin zu technischer Kontrolle. Es braucht eine neue Politik, ja sogar eine neue Gesellschaft, die sich diesen Fragen widmet und den Schutz von Frauen in den Grundstein ihres Handelns meißelt.


Foto: Nadine E