„Goya – Monet – Cézanne – Bonnard – Grosse”. So lautet die offizielle Tagline der Scharf Collection. Hiermit wird dem Besucher bereits einiges versprochen. Zurecht, findet unser Autor. Ein Bericht von der Presseführung.
Delacroix hat es ihm besonders angetan. Auf die Frage, welches Werk aus seiner beeindruckenden Privatsammlung ihm am besten gefalle, zeigt der Kunstsammler René Scharf gezielt auf „Der Tod von Lara” des französischen Spätromantikers. Eine Frau im roten Gewand wiegt einen sterbenden Krieger in ihren Armen. Im Hintergrund breitet sich eine grüne Waldlandschaft unter blau-wolkigem Himmel aus. Romantisch im klassischen wie im zeitgemäßen Sinne.

Scharf, der sich bereits in vierter Generation für die ehemalige Sammlung Otto Gerstenbergs verantwortlich zeichnet, ist mit seiner Frau Christiane zugegen. Das Ehepaar vereint ein breites, mehrere Epochen umfassendes künstlerisches Interesse, welches spätestens bei der Tour durch die Ausstellung überaus deutlich wird. So bekommen die Reporter Varieté-Plakate eines Toulouse-Lautrec, schwarz-weiße Skizzierungen eines Goya („Los Desastres de la Guerra”), Honoré Daumiers Parlamentarier-Büsten, aber auch zeitgenössische Gemälde mit Anleihen an kontemporäre Internetkultur zu Gesicht.
Eine halbe Stunde vor unserer Tour lässt ein Reporter mit der schnippischen Frage, ob die Nationalgalerie auf eine Schenkung der Sammlung in Zukunft hoffe, den Konferenzsaal erstarren. Anette Hüsch, Direktorin der Alten Nationalgalerie, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen; man fühle sich in erster Linie geehrt, diese ausstellen zu dürfen, alles weitere sei Zukunftsmusik.
Ein besonderes Highlight stellt die „große Badewanne” des Post-Impressionisten Pierre Bonnard dar. Bereits während der Pressekonferenz ringen sich anwesende Fotografen und Kamerateams darum, Herrn Scharf und seine Frau neben eben jenem Gemälde abzulichten. Er wirft ein, dass die Reporter doch lieber die Kunst an sich fotografieren sollen; diese sei schließlich der wahre Blickfang. Doch sein Einwand zeigt wenig Wirkung. Alle zwei Schritte wird der Kunstsammler angehalten, in einer bestimmten Position zu verharren. Wenige Sekunden später erfüllt unablässiges Kameraklicken den Raum. Meine Kamera eingeschlossen.
Gegen Ende der Führung wird es immer experimenteller; Martin Eders überlebensgroßes, kitschig-anmutendes Ölgemälde einer fluffigen Katze drängt sich einem im letzten Raum auf. Direkt daneben hängen modern-surrealistische Werke der estnischen Multimedia-Künstlerin Katja Novitskova. Ältere Mitglieder der Führung begutachten diese mit kritischem Blick, manche machen vorsichtig Fotos.

Ich nutze meine verbleibende Zeit um durch die nun vollständig menschenleeren Säle zu streifen. Ein seltenes Privileg, die Kunst für sich zu haben. Die Angespanntheit der vorangegangenen 60 Minuten fällt langsam von mir ab. Der Notizblock verschwindet in meine Jackentasche, die Kamera in meinen Rucksack. Herr Scharf hat Recht, „der Tod von Lara” ist tatsächlich sehr ansehnlich.
Die Scharf Collection ist vom 24. Oktober 2025 bis zum 15. Februar 2026 in der Alten Nationalgalerie besuchbar.
Fotos: Kaspar Preuss







