That phase when you start hating your girlfriend is crazy, weinender Emoji. Anfang Oktober 2023 geht der vom X-Nutzer „Luu“ gepostete Kommentar auf mehreren Plattformen viral. In den Kommentarspalten unter dem Post ziehen heterosexuelle Männer über Dinge her, die sie an ihrer Partnerin verabscheuen. 

Ein Witz ist ein Witz und nicht ernst gemeint. Wie praktisch, denn Feminismus ist gut und niemand hat was gegen Frauen – aber „diese Phase, in der man langsam beginnt, seine Freundin zu hassen“, die kennen doch alle, oder?  Hunderttausende Likes verzeichnet der erste Beitrag eines X-Threads, der Hass gegen Frauen zum Meme macht. Ein Kommentar.

Misogynie: analoger und digitaler Hass

Hass gegen Frauen, meist dargestellt als Gefühl einzelner Männer, bleibt in seiner gesamtgesellschaftlichen Dimension oft unerkannt. Misogynie wird als solche nicht erkannt, solange sie sich nicht in extremen Taten, wie sexualisierter Gewalt oder sogar Femiziden äußert. Abwertungen gegenüber Frauen werden banalisiert oder gar schmunzelnd hingenommen. Besonders sichtbar wird die vermeintlich humorvoll verpackte Misogynie in sozialen Netzwerken.

Stimmen einzelner Männer, die in der analogen Welt keine vergleichbare Reichweite hätten, können ihre Beiträge in den sozialen Medien öffentlich teilen und dort Gehör finden. Aufgrund der schnellen Verbreitung potenziert sich Hass im digitalen Raum stark. Im Netz hat Frauenhass viele Gesichter und im Fall des X-Threads richtet sich dieser nicht gegen eine abstrakte oder fremde Frau. Es ist Hass gegen eine Frau, mit der diese Männer in der Theorie eine enge und emotionale Beziehung haben.

Memes als Tarnung für Frauenhass

Der X-Thread that phase when you start hating your girlfriend gibt sich als vermeintlich kumpelhafter Austausch: When her kisses start feeling like being licked by a dog. Dabei wird schnell übersehen, welch misogyner Inhalt hinter der scheinbaren Harmlosigkeit steckt, wie beispielsweise die Tatsache, dass die Frau hier mit einem Hund verglichen und damit dehumanisiert wird. 

Der Mann, emotional scheinbar nicht (mehr) an die Frau gebunden, sieht sich ihr überlegen: When she says ‘I love you’ and thinking that you gotta say ‘I love you too’ is tiresome to think of it. Die Beziehung eigenständig zu beenden, scheint außer Frage zu stehen. Besonders perfide an diesem X-Thread ist, dass sich die Verfasser der Beiträge eine Opferrolle konstruieren: Mit weinenden Emojis wird das „Leid“ der Männer, angesichts ihrer nervigen Freundin, kundgetan. Schuld sei die Frau, die damit in die Rolle der Täterin gedrängt wird: when the problem asks what the problem is. Die Vorstellung, der Mann hätte Anrecht auf weibliche Aufmerksamkeit und die Frau müsse einem bestimmten Idealbild an Aussehen und Verhalten nachkommen, ist Teil der immer noch vorherrschenden patriarchalen Sozialisation.

Dass die Frau als Sündenbock für das „Leid“ des Mannes herhalten muss, wird als Anlass genutzt, Frauen misogyn anzugreifen. So bringen Männer in den Kommentarspalten ungehemmt ihre sadistische Schadenfreude über die verletzten Gefühle der Frau zum Ausdruck: When you try to hold back the happiness when she‘s crying because you hurt her. Durch die Umkehr der Täter-Opfer-Rolle wird das Zufügen von Leid (because you hurt her) gegenüber Frauen also nicht nur legitimiert, sondern glorifiziert (happiness when she’s crying). Es wird demnach dargestellt als heldenhaftes sich-zur-Wehr-setzen gegen die vermeintlich schuldtragende Frau.

Als „Witz“ getarnter Frauenhass im Netz wirkt über die Grenzen des Digitalen hinaus: Er hat strukturelle Ursachen und konkrete Auswirkungen in der analogen Welt – auf reale zwischenmenschliche Beziehungen. Anfeindungen, die sich sonst ungesehen im Privaten abspielen, werden für die Öffentlichkeit zugänglich ins Digitale verlegt, wo der Hass auf einen fruchtbaren Nährboden trifft und, als „Humor“ getarnt, verharmlost wird. So wird der Hass alltags- und massentauglich und auch von Menschen toleriert, die sich sonst sogar als feministisch bezeichnen würden.


Illustration: Luzie Fuhrmann