Mitsamt einem Maximum an skurrilen Geschmacklosigkeiten präsentiert der Film „Yes” die Gesellschaft Israels nach dem Schicksalsschlag des 7. Oktober. Die ambitionierte und innovative Behandlung des Themas lässt den europäischen Zuschauer dennoch größtenteils kalt.
„Ein Land, welches in einem Meer aus Vulgarität versinkt”. So beschreibt Regisseur Nadav Lapid sein Heimatland Israel in einer offenen Fragerunde nach der Vorstellung. Bereits vor dem 7. Oktober habe er das Skript zu seiner neuen Satire „Yes” fertiggestellt, welche damals von oberflächlicheren Problematiken als den kurz darauf folgenden Grausamkeiten im Gazastreifen handelte. Nun wird die von Lapid als „apokalyptisch“ beschriebene Reaktion des israelischen Militärs, sowie die der Gesellschaft des Landes, aufs Schärfste kritisiert.
Erzählt wird von den (Über)lebenskünstlern und Partnern Y. und Yasmine. Die beiden verkaufen sich als Party-Entertainer ohne Limits, oder Scheu vor Intimität, an die dekadenten Eliten Tel Avivs. Das Wort „Nein” wird radikal aus dem Sprachgebrauch gestrichen; die beiden wollen es selbst bis ganz nach oben schaffen. Beim gemütlichen Abend am Strand oder Spaziergang im Park erscheinen gelegentlich Nachrichten über Kriegshandlungen in Gaza auf ihren Smartphones, teils mit horrenden zivilen Opferzahlen. Nach dem Motto: „Ich vertraue unseren Truppen” wird dies schnellstmöglich wieder ausgeblendet. Aufgrund seiner früheren Erfahrungen als Pianist wird Y. plötzlich damit beauftragt eine neue Nationalhymne zu komponieren. Inspiration für diese findet Y. unter anderem beim romantischen Wiedersehen mit einer Ex-Flamme auf einer Anhöhe nahe der Sperranlage um den Gazastreifen. Laut dem Regisseur kurbeln die brennenden Häuser Gazas im Hintergrund die Libido der beiden Charaktere an. Nachhallender Kommentar auf die anhaltende Gleichgültigkeit vieler Israelis oder schlicht geschmacklose Entgleisung? Das muss jeder für sich entscheiden.
Was die Inszenierung angeht, ist Lapids Modus Operandi alles andere als gefällig. Mit grellen Farbtönen, absurden Dialogen, überzeichneten Charakteren und einer exzentrischen Schnittfolge weiß der prämierte Filmemacher seine, vor Exzessen jeglicher Art strotzenden, Szenen auszustatten. Die Ambition, hier einen lauten, unignorierbaren Film abzuliefern, ist besonders im ersten Drittel in jeder Minute zu spüren. Diese unorthodoxe, teils überfordernde Herangehensweise ist mit Sicherheit sowohl die größte Stärke als auch Schwäche des Werks. Zu Beginn wirken Szenen wie das erotisch aufgeladene „Züngeln” eines Ohrs noch erfrischend, allerdings wird es ebenso schnell ermüdend. Die forciert obskur wirkenden Dialoge tragen auch nicht unbedingt zur Immersion bei, da viele der Ausdrucksweisen nur auf Hebräisch zu zünden scheinen, beziehungsweise dem internationalen Publikum schlicht und ergreifend der kulturelle Kontext fehlt. Nicht-israelische Zuschauer*innen werden dementsprechend häufig verwirrt zurückgelassen.
Dies sieht auch der Regisseur ein, so artikuliert er im Gespräch, dass „die verlorenen, Israel-spezifischen Nuancen durch weitere kulturell bedingte Perspektiven/Interpretationen wieder wettgemacht werden können”. Nichtsdestotrotz verspürt eine*r während der gesamten Laufzeit, dass der Film zuallererst die eigenen Landsleute ansprechen soll. Bei dem gewählten Thema scheint dies selbstverständlich, da allerdings deutsche sowie französische Firmen offizielle Produktionspartner sind, wäre eine zugänglichere Herangehensweise wünschenswert gewesen.
Foto: Grandfilm







