2023 schaffte es Celine Song mit Past Lives nicht nur, ein interessantes Beziehungsgespann zwischen ihren drei Hauptfiguren zu erzählen, sondern zudem auch mit Fingerspitzengefühl zwischenmenschliche Interaktionen darzustellen. Zwei Jahre später, am 21. August 2025, kommt Songs zweiter Film Materialist.
Die romantische Komödie erzählt die Geschichte von Lucy (Dakota Johnson), einer New Yorkerin, die als „Matchmakerin“, für reiche Kund*innen, arbeitet. Sie vermittelt erste Dates zwischen ihren Kund*innen basierend auf deren Wunschvorstellungen. Dabei betont sie oft, dass Liebe für sie wie Statistik sei, es gehe darum, Gehaltsklassen, Bildungsbiografie und ähnliche Faktoren einander anzugleichen, und schon klappe es mit der Liebe. Diese Herangehensweise hat sie zumindest auf die stolze Anzahl von neun Hochzeiten gebracht, die aus ihrer Vermittlung resultieren. Sie selbst hat nur ein Ziel in der Liebe: sehr reich heiraten. Ihren Ex-Freund John (Chris Evans) verließ sie, da er ein mittelloser Theaterschauspieler war. Auf der neunten durch sie vermittelten Hochzeit trifft sie dann allerdings Harry (Pedro Pascal). Er muss Lucy dazu überreden, auf ein Date mit ihm zu gehen, denn sie ist der Ansicht, dass Harry und sie, nach ihrer statistischen Auffassung der Liebe, nicht kompatibel seien. Um Harry von ihrer Meinung zu überzeugen, lässt sich Lucy doch auf das Date ein. Auch ihren Ex-Freund John trifft sie auf dieser Hochzeit, der dort als Kellner arbeitet. Er hat augenscheinlich immer noch Gefühle für sie und sie ist sich auch nicht ganz sicher, wie sie zu ihm steht. Aus dieser Ausgangssituation entsteht eine konventionelle Dreiecksgeschichte.
Nachdem der Film durch Celine Songs Ruf nach Past Lives einiges an Erwartungen geschürt hatte, war das Kinoerlebnis allerdings sehr enttäuschend. Die Handlung ist derart banal und vorhersehbar, dass es bis zum Ende unbegreiflich bleibt, dass der Film wirklich so ausgeht. Bis zum Schluss bleibt die Hoffnung auf eine Wendung oder eine Perspektive, doch diese bleiben aus.
Noch dazu kommt, dass Song bei diesem Film nicht mit Fingerspitzengefühl, sondern mit dem Vorschlaghammer arbeitet. Die schrecklich konventionelle Handlung gibt allerdings auch kaum interessante Perspektiven oder Interaktionen zwischen den Charakteren her, wie es Past Lives tat. Die meisten Dialoge kommen einem bekannt vor und die Gefühlslagen der Charaktere sind flach und uninspiriert.
Auch der Humor dieser romantischen Komödie ist größtenteils abwesend und die wenigen Witze sind eher mittelmäßig. Die lustigste Stelle war wahrscheinlich noch, als Dakota Johnsons Charakter den Satz: „Im a failed actress“ sagt. Eine Zeile, die besonders heraussticht, da sie in diesem Film sogar eine schlechtere Darbietung als noch zuvor in Madame Web hinlegt. Leider wirkt ihr Schauspiel durch ständige Close Ups auf ihr Gesicht noch präsenter und schwer zu ignorieren. Chris Evans und der Rest des Casts machen ihren Job ganz passabel, mehr aber auch nicht.
Die Inszenierung hat hier und da eine ganz nette Idee, sticht dadurch allerdings noch als das Positivste heraus.
Über all das könnte man allerdings noch hinwegsehen, wenn der Film über eine interessante, spannende oder neue Aussage verfügen würde. Materialists hat leider gar nichts davon. Der Film ist ein Kommentar zu der zunehmenden Ökonomisierung des Menschens bei der Partner*innensuche. Diese Aussage wird leider im Film ziemlich plakativ in die Köpfe der Zuschauer*innen eingehämmert, von Subtilität kann man nicht sprechen.
In einem Dialog sagt Lucy zum Beispiel, dass 15 Zentimeter mehr Körpergröße den Wert eines Mannes auf dem Dating-Markt verdoppeln könnten. Wie im Titel (Was ist Liebe wert-)Materialists angedeutet wird, werden Menschen nicht als Individuum, sondern als Material angesehen. Ihren oberflächlichen Kriterien wird ein gewisser Wert zugeteilt und diese Werte statistisch verglichen, nichts anderes machen Dating-Apps. Leider ist diese Aussage weder interessant, noch ist sie neu. Dating ist oberflächlich und Liebe ist wichtiger als Geld, na vielen Dank für diese Erleuchtung.
Aber darf ein Film nicht einfach nur zwei Stunden stumpfe Unterhaltung bieten? Eine Frage, die mich im Zuge dieser Rezension beschäftigte. Natürlich muss nicht jeder Film das Rad neu erfinden, allerdings gibt einem dieser Film in seiner Ideenlosigkeit überhaupt nichts. Er bleibt nicht im Kopf, gibt kaum Stoff zum Nachdenken und wird schnell in Vergessenheit geraten. Wenn man keine künstlerische Vision hinter dem Film erkennen kann, hat man das Gefühl, der Film wurde nur gemacht, um Geld zu verdienen und Kinos zu füllen, dann kann man ihn als nicht mehr als Content bezeichnen, ein Produkt und keine Kunst mehr.
Celine Song schafft es innerhalb von zwei Jahren von einem Kunstwerk zu bloßer Contentproduktion zu verkommen. Wer also reine Unterhaltung erwartet, der kann dem Film eventuell eine Chance geben, jedem, der mehr erwartet, kann ich den Film nicht empfehlen.