Von David Bowies Low bis zu Rosalías Berghain finden sich in populären und weniger populären Kunstformen und -werken immer wieder subtile Anspielungen bis hin zu offenen Liebeserklärungen an Berlin sowie an das Phänomen (Groß-)Stadt. Doch was treibt diese urbane Faszination verschiedenster Kreativer und Stadtbewohner*innen?

Unter dem Titel Love Letters to the City stellt das Urban Nation Museum in Berlin Schöneberg von September 2024 bis Mai 2027 Werke von 50 internationalen und in Berlin lebenden Kunstschaffenden aus, die das transformative Potential von Kunst im öffentlichen Raum zeigen sollen. Erklärtes Ziel der von Michelle Houston kuratierten Ausstellung ist es, eine Hommage an die Stadt zu schaffen und Besuchende einzuladen, einen neuen Blick auf urbane Lebensräume zu werfen.

In neun kuratorischen Unterabschnitten hangelt sich die Ausstellung an Themenbereichen wie Gentrifizierung, sozialer Ungerechtigkeit, Partizipation im öffentlichen Raum, Dekonstruktion und der Stadt als Muse entlang. Während durch die weitläufigen Oberthemen eine gewisse thematische Breite angelegt ist, kreist die künstlerische Umsetzung häufig um verschiedene Formen des Graffitis. Angereichert mit Mauer-Geschichte, dem seit dem Zweiten Weltkrieg berühmten „Kilroy was here”Graffiti-Männchen und Co. wird hier ein wohlbekanntes Narrativ von Kunst im urbanen Raum intensiv beleuchtet und mit Werken namhafter Streetartkünstler*innen wie Banksy und Lady Pink untermauert. Ob mit diesem konventionell anmutenden Fokus auf Graffiti dem Selbstanspruch der Ausstellung, das Fördern neuartiger Perspektiven auf Kunst im urbanen Raum und das Anregen einer Neudefinition der Beziehung von Städter*innen zu ihrem Lebensraum tatsächlich Genüge getan werden kann, bleibt fraglich.

Mit 50 ausstellenden Kunstschaffenden bietet die Ausstellung Raum für Vielfalt und unterschiedliche künstlerische Positionen, was jedoch auch dazu führt, dass der Bezug zum Leitthema stellenweise vage erscheint und den Betrachtenden teilweise das Denken um mehrere Ecken abverlangt. So verweist eine spektakulär wandfüllende LED-Installation mit alten Einwegplastikflaschen von Bordalo II auf die fatale Müllproduktion und die zerstörerische Kraft von übermäßigem Konsum. Es bleibt zu bezweifeln, dass es sich hierbei um ein rein städtisches und nicht viel mehr um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt.

Dennoch fanden auch explizit urbane Thematiken und Liebesbekundungen Platz. So konnte ein endlos laufender Liebesbrief an die Stadt Berlin in Form einer LED-Textinstallation bewundert werden und auch das groß angelegte „Love Letters to the City”-Mural von der aus Ecuador stammenden Künstlerin Lady Pink an der Außenfassade des Museums ließ keinen Zweifel an der Begeisterung und Wirkungskraft, die Kunst im öffentlichen Raum hervorrufen und entfalten kann.

Insgesamt kann die Ausstellung durch visuelle Eindrücklichkeit und große Namen beeindrucken, gleichzeitig wirken die tatsächliche urbane Relevanz der Werke sowie die Neuartigkeit der urbanen Perspektiven nicht durchgehend überzeugend.


Illustration: Felix Lies