Wie geht Studieren in anderen Ländern? Das berichten in jeder Ausgabe Redaktionsmitglieder von anderen Orten der Welt. Dieses Mal: New York – traumhafter Sehnsuchtsort oder kostspielige Tristesse? 

Vier Monate im Big Apple leben und studieren zu können  – ein Traum, der für mich wahr geworden ist. Aber dieser Traum hat seinen Preis. Zwar ist dank des Partnerschaftsvertrags zwischen der Humboldt-Universität und der New York University der Erlass der Studiengebühren gewährleistet, aber Zusatzkosten wie Krankenversicherung, Visum, Flug und Lebenshaltungskosten haben es in sich. 

Um auch nur für ein Auslandssemester dort zu leben, muss man das nötige Kleingeld mitbringen, da selbst Stipendien nur einen Bruchteil der entstehenden Kosten abdecken. Denn Miete, Lebensmittel (ein schnöder Eigenmarke-Joghurt kostet $5), die Beförderung durch den öffentlichen Nahverkehr und einen Ausland-Handyvertrag summieren sich schnell. Und da sind noch nicht einmal Freizeitaktivitäten oder Speisen außer Haus inbegriffen, die gerne mal bis zu $20 kosten können – für ein Essen to-go. 

Eine Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten? 

Doch zum Glück gibt es in New York noch viel mehr zu entdecken als  exorbitante Preise: Zwischen  weltbekannten Sehenswürdigkeiten wie Times Square, Central Park und Freiheitsstatue gibt es viel Kleines zu erkunden. So verstecken sich in den Seitenstraßen kleine Independent-Buchläden und Secondhand-Shops, kuschelige Cafés und viele Restaurants entführen die Geschmacksnerven in alle Länder der Welt. Auch kulturell hat die Stadt vieles zu bieten: In den Kellern diverser Gebäude finden sich Comedy-Clubs und Bars. Unabhängige Kinos, die Musicals am Broadway (“Aladdin” ist sehr empfehlenswert!) und die berühmten Shows der Radio Music City Hall lassen neben den schier unendlich vielen Museen, wie MoMA, MET oder unkonventionellen wie dem Ice-Cream-Museum, keinen Wunsch offen. 

Jedoch lohnt es sich, auch einmal New York’s Stadtgrenze zu verlassen und Ausflüge in die (nähere) Umgebung zu unternehmen. Durch Bahn und Bus ist man hervorragend mit anderen Städten wie Washington D.C., Philadelphia, Princeton, Boston oder New Haven  verbunden. Auch ein Trip „upstate” ist zu empfehlen. Ein Wochenende in den Catskill Mountains erinnert daran, wie sich frische Luft in den Lungen anfühlt. 

Studieren im Big Apple

All dies braucht es, damit der Uni-Alltag erträglicher wird. Durch die Verschulung der Undergraduate-Lehre ist man mit vielen Hausaufgaben, Abgaben, ständiger Anwesenheit und dem Zwang zur Mitarbeit konfrontiert. So braucht es dank scheinbar nie-endenden Reading-Lists und mindestens einem wöchentlich anstehenden Essay viel Durchhaltevermögen. Denn obwohl die Unterrichtseinheiten intellektuell nicht so anspruchsvoll sind, wie man es von einer Universität wie der New York University erwarten würde,  laugt die viele Arbeit aus. 

Doch wenn beim Schreiben eines der vielen Paper in der Lernlounge im siebten Stock des Kimmel Centers der Blick aus dem riesigen Panoramafenster gleitet, sehe ich die von der Sonne glitzernden Fensterscheiben der Wolkenkratzer. Sie spiegeln die Farbe der herbstlich-gefärbten Bäume, während Taubenschwärme vor dem Hintergrund des Empire State Buildings in den Himmel steigen. Das beobachten zu können, stimmt mich sanftmütig. Trotz gefährlich näher rückender Deadlines.

Eine lohnenswerte Erfahrung?

Obwohl New Yorks erster Eindruck auf mich enttäuschend war – den Glamour vermisst man schnell bei grauen Straßen in dunklen Häuserschluchten –  zeigt sich die Stadt auch versöhnlich. Durch das vielfältige kulturelle Angebot, die vielen Möglichkeiten und die wundervollen Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, ist die Stadt es trotz der hohen Preise und des Uni-Stresses allemal wert. Denn so viel Hilfsbereitschaft, den Ozean und die unzähligen Sonnenstunden vermisst man schnell hier im grauen Berlin.


Illustration: Lucia Maluga