Die Glitzerpumps der Französin in der aufgebrachten Warteschlange hätten an diesem Abend sicherlich auch an den Köpfen von Éric Toledano und Olivier Nakache landen können. Der neue Film der Regisseure von „Ziemlich beste Freunde“ erzürnte durch seine Oberflächlichkeit.
Es ist der erste richtig kalte Tag in Berlin, und es beginnt zu stürmen, während die Dame am Einlass des Delphi Filmpalastes verkündet, dass sich die Eröffnung leider verzögern wird. Wütende Französinnen in hohen Schuhen reden auf die Security ein – so beginnt der Abend des 23. November mit gereizter Stimmung. Drinnen angekommen, werden die funkelnden Absätze auf der Fotokulisse präsentiert, bis ein Raunen durch die Menge geht und die Regisseure im Blitzlichtgewitter stehen.
Auf der Bühne im Kinosaal wird die französische Filmwoche für eröffnet erklärt und mehrfach betont, wie diese die Deutsch-Französische Freundschaft stärkt. „Black Friday for Future” handelt von Albert und Bruno, die auf einer Versammlung von Umweltaktivist*innen landen. Um sich der Anführerin Cactus zu nähern, schließen sie sich der Gruppe an.
Die Stimmung im Saal ist durchmischt. Ein Paar, Mitte Vierzig, scheint sich prächtig zu amüsieren. Ihr Lachen steht im Kontrast zum Schnarchen einiger Anwesender, die den Schlaf der letzten Nacht nachholen. Im Austausch einer Gruppe Mitte-Zwanzigjähriger ist man sich dabei einig, dass etliche wichtige Themen unzureichend kurz angeschnitten worden sind und es sich sämtlicher Clichés gegenüber Klimaaktivist*innen bedient wurde. Die französischen Studierenden sagen, dass sie hauptsächlich gespannt auf die Darbietung ihrer Jugendstars Pio Marmaï und Jonathan Cohen waren und nun mit dem Gefühl den Abend verlassen, dass ihre Generation regelrecht lächerlich gemacht worden ist. Es wird ein Bild gemalt, in dem Klima-Panik ein neumodischer Trend und zu Demonstrationen zu gehen gefährlich ist.
Ist diese Meinung in weiteren Generationen vertreten? In einer Gruppe Mitte-Fünfzigjähriger antwortet eine Frau auf die Frage nach der Kernaussage des Films mit einem Augenrollen und der Aussage „Dass wir eben weniger konsumieren sollen“.
Das lachende Paar aus dem Saal zeigt sich begeistert. „Mit den immer ernsten Worten und Schuldzuweisungen kommen wir ja auch nicht weiter.“ Es gehe eher darum, die Menschen auf lustige Weise zum Nachdenken anzuregen. Es sei doch schon komisch, dass Klimaaktivist*innen trotzdem ein teures Handy und eine große Wohnung hätten.
Eine weitere Gruppe sagt, dass sich gewiss auch über Massenkonsum lustig gemacht wurde. Die Veränderungen in der Politik, für die Klimaaktivist*innen täglich kämpfen, bleiben hier vollkommen außen vor. Mehr noch, am Ende des Films gerät die Protagonistin bei einer Demonstration in einen Unfall und verfällt in ein Koma. Als sie wieder erwacht, wird sie von ihrem Freund durch die leeren Pariser Straßen geführt. Alle Menschen würden nun im Haus bleiben, Geschäfte gebe es keine mehr, weder Autos noch Räder fuhren durch das Bild, und der Leitsatz des letzten Filmabschnitts „Nun ist doch alles so, wie du es wolltest“, hinterlässt Bedenken bei den Zuschauer*innen der Generation Z.
Olivier Nakache, einer der Regisseure, antwortet auf die Frage, was er und Éric Toledano mit diesem Film erreichen wollen: „Es geht doch immer nur um Liebe” und dreht sich wieder weg. Toledano will es ihm gleichtun, doch ein Zuruf aus dem Publikum erweckt neue Gesprächsbereitschaft: „Als Anwesender der jüngeren Generation kann ich nur sagen, dass ich schockiert von diesem Film bin!”. Er betont die szenische Metapher der Brücke als Symbol des intergenerationellen Austausches in seinem Werk. Ein Austausch, der am Abend der Eröffnung des Filmfestivals sicherlich stattfand; doch stellt sich die Frage, was der Film für ein Bild bei den Leuten zu Hause hinterlässt. Ein Film, der so viel Potential für Gespräche bot, führte stattdessen zu Wut und Enttäuschung bei der jungen Generation. Ein Abend, der mehr versprach, aber nur einen Film von Boomern für Boomer lieferte.
Illustration: Alina Cucu