Vorurteile gegenüber bisexuellen Menschen sind stark verbreitet: Sie würden eher fremdgehen oder könnten sich einfach nicht entscheiden. Kritik kommt dabei auch aus der queeren Community selbst. Mit welcher Zu- und Abneigung bisexuellen Personen begegnet wird und wie es um ihre psychische Gesundheit steht. 

Am 27. Juli fand wieder der Christopher Street Day in Berlin statt. Ein Tag für queere Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. Doch ein Teil der queeren Community fühlt sich nicht immer willkommen.

Bisexualität ist im öffentlichen Diskurs oft unsichtbar. Für viele Menschen handelt es sich hierbei um eine sexuelle Orientierung zwischen Homosexualität und Heterosexualität. Personen mit dieser sexuellen Orientierung finden häufig keine Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Als müsste die Entscheidung getroffen werden, heterosexuell oder homosexuell  zu sein. So werden bisexuelle Menschen oft nicht mitgedacht. Ist beispielsweise in einem Film ein gleichgeschlechtliches Paar zu sehen, sind die Partner*innen entweder lesbisch oder schwul. In welchem Moment entsteht der Gedanke im Kopf, dass es sich hierbei nicht auch um bisexuelle Menschen handeln könnte? Befindet sich eine bisexuelle Person in einer heterosexuellen Beziehung wird sie nur noch selten als queer wahrgenommen.

Datingleben

Das Problem der fehlenden Sichtbarkeit macht sich auch im romantischen Kennenlernen bemerkbar. So stößt eine bisexuelle Frau nicht selten auf Fetischisierung durch Männer, die ihre sexuelle Orientierung als Ausdruck von „Offenheit“ missverstehen und diese auf ihre eigenen Fantasien projizieren, wie beispielsweise den Wunsch, einen Dreier mit zwei Frauen zu erleben. Dabei wurde sie zuvor nicht gefragt, ob sie überhaupt Interesse an Sex mit mehr als einer Person hat. Hierbei steht nicht die Frau selbst im Fokus, sondern der Fakt, dass sie potenziell auch intim mit einer anderen Frau werden könnte. In diesem Fall liegt der Gedanke nahe, dass dies der reinen Luststeigerung des Mannes dient und die Frauen durch solche Aussagen klar objektifiziert und sexualisiert werden.

Der gängige Satz “Ein bisschen bi schadet nie ist vielleicht lieb gemeint, vermittelt jedoch eher das Gefühl, dass es sich hierbei nur um eine Phase handle und die Person sich ausprobieren möchte. Nicht ohne Grund stehen in einigen Dating-Profilbeschreibungen lesbischer Frauen Sätze wie: „Ich bin nicht dein Spielzeug zum Ausprobieren in deiner Findungsphase“. Das schreckt besonders bisexuelle Personen ab, die noch keine homosexuellen Erfahrungen in ihrem Leben gesammelt haben. Dabei kann es eine bisexuelle Frau mit dem Dating einer Frau genauso ernst nehmen wie eine lesbische Frau. Ist nicht jedes Date ein Ausprobieren und Kennenlernen, ob zwei Personen gemeinsam harmonieren? Das hat nichts damit zu tun, welche sexuellen Orientierungen Teil des Dates sind. Auch wenn eine bisexuelle Person noch keine gleichgeschlechtlichen Erfahrungen gesammelt hat. Verbindlichkeit ist eine Entscheidung für eine Person und keine Eigenschaft bisexueller Menschen!

Kritik aus „eigenen Reihen“

Ein weiterer Vorwurf an bisexuelle Personen innerhalb der queeren Community: „Sie sind schwul/lesbisch, wollen jedoch heterosexuelle Privilegien genießen und haben nicht den Mut sich vollständig zu outen“. Mit solchen Aussagen wird die sexuelle Identität bisexueller Menschen abgesprochen. Das kann sehr verletzen und das Gefühl verstärken nie „queer genug“ zu sein. Nicht von heterosexuellen und homosexuellen Menschen ernst genommen zu werden führt außerdem zu einem Ausschluss aus (queeren) Räumen und hinterlässt das Gefühl, an keinem  Ort richtig dazuzugehören oder willkommen zu sein.

Psychische Gesundheit bisexueller Menschen

Besonders im Jugendalter und bei der Suche nach der eigenen Identität können solche Äußerungen schmerzhaft sein und dazu führen, dass bisexuelle Menschen sich selbst und ihre sexuelle Orientierung verdrängen oder leugnen. Eine Studie der Society for Prevention Research 2017 kam zu der Erkenntnis, dass bisexuelle Personen ein höheres Risiko für einen schlechten psychischen Gesundheitszustand haben als Heteros, lesbische oder schwule Menschen. Inwieweit die fehlende soziale Zugehörigkeit und der Faktor der gefühlten Einsamkeit hierbei eine Rolle spielen, bleibt offen.

Wir brauchen mehr Verständnis, Empathie und Offenheit für die Thematisierung bisexueller Lebensrealitäten – auch und besonders in der queeren Community. Außerdem ist die Repräsentation in Medien wie etwa Filmen und Serien wichtig, damit sich alle Menschen verschiedener sexueller Orientierungen gesehen und mitgedacht fühlen.  Ein gutes Beispiel hierfür ist die Netflix-Serie „Heartstopper“, die zeigt, wie solche Schritte in die richtige Richtung dazu beitragen können, die noch immer existierenden Vorurteile gegenüber Bisexuellen zu beseitigen.


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