An dieser Stelle berichten wir von studentischen Initiativen und Gruppen der Humboldt-Universität. Diana und Edgar sind die Initiatoren der „Armenian Society”. Sie studieren Rechts- wissenschaften und VWL an der Humboldt-Universität und machen sich mit ihrer Hochschulgruppe für mehr Aufklärungsarbeit rund um Armenien sowie dessen Kultur und Geschichte stark.

Aktuell besteht die „Armenian Society” aus zehn aktiven Mitgliedern, die Veranstaltungen organisieren und Interessierten vermitteln wollen, was es heißt, Armenierin oder Armenier in Deutschland zu sein.

UnAuf: Wann habt ihr euch gegründet?

Edgar: Die Gründung der „Armenian Society” an der Humboldt-Universität fand am 2. Juni 2022 statt. Das ist ein besonderer Tag für uns. Besonders als Deutsch-Armenier. An diesem Tag hat 2016 der Deutsche Bundestag in seiner „Armenien-Resolution“ den Genozid an Armenierinnen und Armeniern im Osmanischen Reich als solchen anerkannt und auch die deutsche Mitschuld bestätigt. Ebenfalls wurde vor 30 Jahren, am 2. Juni 1992, die Nationalflagge der kleinen armenischen Republik Arzachs in einer außerordentlichen Sitzung des Obersten Rates der Republik angenommen und zum ersten Mal auf dem Gebäude des Präsidentenpalastes in der Hauptstadt Stepanakert gehisst.

Und wofür genau setzt ihr euch als Hochschulgruppe ein?

Diana: Um Paroujr Sewak zu zitieren, einem der bekanntesten armenischen Poeten des letzten Jahrhunderts: „ՔԻՉ ԵՆՔ, ԲԱՅՑ ՀԱՅ ԵՆՔ“ -sinngemäß übersetzt: Wir sind nur wenige, aber wir sind Armenier.

Als Hochschulgruppe möchten wir armenischen Studentinnen und Studenten und allen, die sich als unsere Unterstützer begreifen, eine Plattform bieten, um sich auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Für uns Deutsch-Armenier ist besonders die Synthese zwischen armenischer und deutscher Kultur von Bedeutung. Außerdem möchten wir denjenigen, die sich für die armenische Kultur interessieren, eine Informationsmöglichkeit bieten. Wir planen auch, mit gemeinnützigen Vereinen zusammenzuarbeiten, die sich der Kunst und Kultur, der Gleichberechtigung sowie der Völkerverständigung widmen.

Weiterhin ist eines unserer Anliegen, Aufklärungsarbeit über den Genozid an den Armeniern und Armenierinnen, der 1915 durch das Osmanische Reich verübt wurde, zu leisten, da es leider immer noch selten im Schulcurriculum behandelt wird. Dementsprechend können sich nur die wenigsten etwas darunter vorstellen, obwohl es ein wichtiges Thema ist.

Ihr bietet nicht nur Studierenden mit armenischen Wurzeln eine Plattform, sondern auch Interessierten an der armenischen Kultur. Was bedeutet das konkret?

Edgar: Der Großteil des armenischen Volkes lebt in der Diaspora. Geschätzt 75 Prozent der zehn Millionen Armenierinnen und Armenier leben nicht in ihrer Heimat Armenien oder Arzach. Dadurch ist stets ein reger Austausch mit zahlreichen Kulturen entstanden, in denen sich die armenische Diaspora verzweigt hat. Hierzu zählen neben den zwei bedeutendsten Ländern Russland und die USA vor allem Länder wie Frankreich, Griechenland, Italien, die Ukraine und der Libanon bis hin zu Argentinien, Indien und Singapur. Diese zusätzlichen kulturellen Einflüsse bereichern unsere jahrtausendealte Kultur und lassen schon seit vielen Jahrhunderten Freundschaften und Partnerschaften mit anderen Ländern gedeihen. Somit besteht unser Freundes- und Unterstützerkreis aus vielen nicht-ethnischen Armenier*innen, die jedoch ein Stück Armenien und Arzach in ihrem Herzen tragen.

Abgesehen davon muss man nicht Armenierin oder Armenier sein, um die armenische Kultur zu genießen. Wir freuen uns über jede und jeden, der mit uns Kochari (traditioneller armenischer Tanz) tanzen oder Xorovats (armenisches BBQ) essen möchte.

Ist die Organisation der „Armenian Society” stressig neben dem Studium?

Diana: Jedes Mitglied bei uns ist bereits in mindestens einer weiteren Hochschulgruppe oder Organisation wie z. B. dem Humboldt-Forum Wirtschaft e. V. oder der AGBU (Armenian General Benevolent Union) aktiv. Hinzu kommen Werkstudentenjobs. Somit sind die meisten bei uns bereits einen höheren Arbeitsaufwand gewohnt.

Der wichtigste Punkt bleibt jedoch: Es ist eine Herzensangelegenheit, den armenischen Wurzeln treu zu bleiben und der Welt von uns zu erzählen. Wir möchten der armenischen Kultur und Tradition eine stetige Präsenz an der HU geben und in einen Austausch treten.

Arbeitet ihr auch mit anderen Vereinen oder Organisationen zusammen?

Edgar: Es gibt einige armenische Organisationen und Vereine, die wir bei Veranstaltungen und Aktionen unterstützen. Diana und ich waren bereits vor Gründung der Armenian Society bei dem gemeinnützigen Verein “AGBU Germany” engagiert. Neben humanitären und kulturellen Aktionen wie AGBU ACT in Armenien oder auch die Organisation der Deutschlandtournee des Staatstheaters von Arzach versteht sich AGBU Germany als deutsche Vertretung ihrer 116-Jahre alten Mutterorganisation und hat sich zum Ziel gesetzt, der deutsch-armenischen Diaspora Zugang zu den Angeboten und Unterstützungsleistungen der AGBU anzubieten.


Foto: Armenian Society (v.l.n.r. Gayane, Diana Piruzyan, Edgar Ambarzumjan, Svetlana Demirchyan, Ohan Askaryan)