In ihre Posten gewählt, erhalten Referent*innen des RefRates der HU eine Aufwandsentschädigung zugeteilt. Allerdings scheint manchmal eine Wahl nicht nötig zu sein, um dieses Einkommen zu erhalten. So zumindest im Fall des Referats für Soziales.
Das Studierendenparlament der verfassten Studierendenschaft der HU, kurz StuPa, ist eigentlich die zentrale Institution aller Studierenden. Als solche ist es unter den Studierenden aber nicht sonderlich bekannt. Das zeigt sich auch in der geringen Wahlbeteiligung bei der letzten StuPa-Wahl. Ungefähr drei Prozent der Studierenden gaben im Wahllokal ihre Stimme ab. Die UnAuf berichtete bereits darüber.
Noch weniger bekannt ist die Institution, die vom StuPa gewählt und bestätigt wird. Der RefRat der verfassten Studierendenschaft beinhaltet mehrere Referate, die viel Arbeit erledigen. So gibt es unter anderem das Referat für Soziales, das für die Sozialberatungsstellen für Studierende Ansprechpartner ist. Es werden auch Betreuungsmöglichkeiten für Studierende mit Kindern geschaffen, wie beispielsweise ein Kinderladen, und Einiges mehr. Für all diese Zwecke steht dem StuPa ein Budget zur Verfügung. Die Höhe des Budgets: Ungefähr 900.000 Euro im letzten Jahr.
Die Aufwendungen des Budgets fließen allerdings nicht nur in die Beratungsstellen oder besagten Kinderladen – unter anderem werden, im Gegensatz zu den StuPa-Parlamentarier*innen, die Referent*innen auch bezahlt. Die Vergütung bemisst sich am BAföG-Höchstsatz, jedenfalls für Referent*innen der „Kernreferate“. Das sind die Referate, die alle Studierenden betreffen, im Gegensatz zu außerordentlichen Referaten, die lediglich einzelne Gruppen unter den Studierenden repräsentieren. Referent*innen von außerordentlichen Referaten erhalten den halben BAföG-Höchstsatz. Eine Ausnahme ist das Referat für Finanzen: hier bekommen die Referent*innen drei Viertel des Höchstsatzes. Im Moment beträgt der BAföG-Höchstsatz 934 Euro.
Kommissarische Verfrühung
Das Geld kommt von den Studierenden selbst. Diese bezahlen pro Semester eine Verwaltungsgebühr, in der auch der Beitrag für das StuPa enthalten ist: gegenwärtig 9,75 Euro. Es geht also von Studierenden an Studierende, und die Verantwortung für die Verwaltung des Geldes trägt das StuPa. Dort wird der Haushalt beschlossen, dort beantragen die Referate ihr Geld.
Referent*innen müssen gewählt sein, bevor sie ihr jeweiliges „Gehalt“ ausgezahlt bekommen. Der UnAuf gegenüber wurde allerdings bestätigt, dass in einem Fall diese Grundregel missachtet wurde.
Lars Mussehl hatte bis zum 1. November 2022 das Amt als Referent für Soziales lediglich kommissarisch inne. Als solcher war er (noch) nicht gewählt. Das Referat für Soziales, eines der wichtigsten Referate im RefRat, war zudem seit Januar 2022 unbesetzt. Im Juni kandidierten zwei neue Personen für das Referat: Vinzenz Schmid und Jennifer Knell, die jedoch ihre Bewerbungen ad hoc zurückzogen. Weitere Wahlversuche blieben bis zum November aus. Dies hat auch mit der wiederholten Beschlussunfähigkeit des StuPa im Sommersemester 2022 zu tun – die UnAuf berichtete.
Es existierte zehn Monate lang also kein*e gewählte Referent*in für Soziales. Dennoch gab in dreien dieser Monate bereits Zahlungen für ebendiese Position: Es wurden für August, September und Oktober jeweils 861 Euro an Aufwandsentschädigung ausgezahlt. Damit erhielt der damals kommissarische Referent auf diesem Weg 2.583 Euro aus dem Haushalt des StuPa. Das bestätigte Mussehl auch im Gespräch mit der UnAuf.
Kernreferat vs. Beschlussunfähigkeit
Gegenüber der UnAuf erklärte Lars Mussehl, dass das Hauptproblem die Beschlussunfähigkeit des StuPa im Sommersemester 2022 gewesen sei. Dabei habe sich eine Diskrepanz aufgetan: Laut Satzung müsse das Referat für Soziales – als Kernreferat – immer besetzt sein. Zugleich jedoch war im StuPa keine ordentliche Wahl möglich, womit sich ein Regelkonflikt aufgetan habe. Die bereits geleisteten Aufwandsentschädigungen seien überdies immer als außerordentliche Haushaltsanträge einzeln pro Monat behandelt worden, so Lars Mussehl.
Es ist bereits vorgekommen, dass Referate eine kommissarische Verlängerung beantragt haben. So erhielt das Referat für Finanzen beispielsweise am 5. Mai 2022 eine kommissarische Verlängerung zugesprochen. Zugleich scheint dies jedoch nicht für alle Referate gleich zu gelten: In derselben Sitzung beantragte die Referentin für Hochschulpolitik eine kommissarische Verlängerung. In diesem Fall jedoch wurde die Verlängerung verwehrt. Stattdessen forderte das Präsidium von der Referentin, sich zur Wahl zu stellen. Diese Wahl fand am 2. Juni 2022 dann auch statt – wo die Referentin mit hoher Zustimmung (25 Ja gegenüber 7 Nein) wiedergewählt wurde.
Im Fall von Lars Mussehl jedoch wurde einem ungewählten Referenten bereits ein Entgelt überwiesen – ein Vorgang ohne Vorbild in der Geschichte des StuPa. Von der Möglichkeit, bei unbesetzten Referaten derartig zu verfahren, ist in der Satzung der StudentInnenschaft der HU Berlin keine Rede. Damit ist fraglich, ob der RefRat sich gesetzeskonform verhielt, als er die Aufwandsentschädigungen für Lars Mussehl genehmigte.
In einer Stellungnahme erklärt der RefRat, dass es vor allem darum gegangen sei, das Referat für Soziales besetzt zu halten. Es sei Aufgabe des RefRates, dass das Referat weiterhin funktioniere, um die Interessen der Studierendenschaft zu wahren. Ähnlich wie Mussehl sieht auch der RefRat das Hauptproblem in der Beschlussunfähigkeit des StuPa, die eine ordentliche Wahl zu einem früheren Zeitpunkt unmöglich gemacht habe. Die frühe Zuteilung von Aufwandsentschädigungen rechtfertigte der RefRat damit, dass „der Aufwand unabhängig davon, ob eine Person gewählt […] ist, gleich ist“.
Es bleibt allerdings die grundsätzliche Frage bestehen, ob es rechtens ist, nicht gewählte Referent*innen bereits für ihre Arbeit zu entlohnen. Zugleich scheint es, als mache der RefRat es sich einfach, die Problematik mit der Beschlussunfähigkeit des StuPa zu erklären – immerhin ist das Referat für Soziales schon lange unbesetzt. Und bis Juni 2022 war das StuPa noch beschlussfähig.
Foto: Rubén Vique/flickr
Anm. d. Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass der gegenwärtige BAföG-Höchstsatz 801 Euro betrage. Außerdem wurde angegeben, die UnAuf stütze sich auf Informationen des RefRates. Dies ist nicht zutreffend, die Basis für den Text bildeten offen zugängliche Quellen und ein Gespräch mit Lars Mussehl. Die entsprechenden Stellen wurde korrigiert.