Lieben und Leiden eines jungen Mannes inszeniert von einer Ikone der Nouvelle Vague, Philippe Garrel – nichts Neues in Frankreich.

Manche Filme sind so altmodisch, dass sie wieder charmant sind und manche wiederum einfach nur rückständig. Le sel des larmes (Das Salz der Tränen) gehört leider in die zweite Kategorie, denn der bekannte französische Regisseur Philippe Garrel präsentiert hier eine Geschichte, die so ähnlich schon tausendmal erzählt wurde.

Dabei beginnt der Film vielversprechend, mit einer Begegnung zweier Menschen an einer Bushaltestelle. Luc, der gerade aus der Provinz in einem Vorort von Paris angekommen ist, fragt Djemila nach dem Weg. Ihre Wege trennen sich aber hier noch nicht. Verstohlene Blicke, Nervosität und belangloser Small Talk. Man spürt, dass hier etwas Besonderes beginnt. Diese sehr authentischen Szenen werden durch die Schwarz-Weiß-Aufnahmen verzerrt und sind schön, aber auch nicht ganz aus dieser Welt. Die sich anbahnende Romanze ist noch kurzlebiger als gedacht, als Luc (Logann Antuofermo) nach ein paar Tagen wieder die Stadt verlässt und zu seinem Vater aufs Land zurückkehrt. Er hatte in Paris eine Tischlerprüfung absolviert und wartet nun auf die Ergebnisse.

Ab diesem Punkt kippt der Film endgültig und verabschiedet sich von seinem sympathischen Anfang. Stattdessen wird nun der ganz und gar unsympathische Luc zum Protagonisten, für den Empathie zu empfinden sehr schwierig ist.

Djemila, gespielt von Oulaya Amamra, die 2017 einen César als Beste Newcomerin gewann, ist hingegen der mit Abstand interessanteste Charakter. Mit offenem Blick und wilden Locken verbirgt sie ein geheimnisvolles Leben, welches wir kaum ergründen können. Es wäre zu wünschen gewesen, dass sie der Fokus von Le sel des larmes wäre, doch stattdessen müssen wir einem jungen Mann folgen, der von einer Frau zur nächsten springt und jede einzelne missachtet. Er verlässt Djemila, weil sie nicht sofort mit ihm schläft und flieht vor der nächsten Freundin, als diese ihm sagt, dass sie schwanger sei und ist besitzergreifend bei der nächsten. Zwischendurch läuft er noch Frauen auf der Straße hinterher und ist so sexistisch wie möglich. Wie es im Jahr 2020 so eine Geschichte auf die Leinwand und mehr noch, in den Wettbewerb der Berlinale geschafft hat, ist völlig unverständlich. Erst recht, da es am Ende des Films keine Moral, keine Erkenntnis, keinen Grund hinter alldem gibt.

the salt of tears
Louise Chevillotte und Logann Antuofermo in Le sel des larmes. © RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

So ziemlich jedes negative Klischee über französische Filme wird hier bedient, voyeuristisch werden nackte Frauen völlig grundlos begutachtet und manche Dialoge sind so schnulzig, dass es schwer zu glauben ist, wie die Schauspieler*innen sie ernsthaft führen konnten. Es gibt viele zu kurze oder zu lange zusammenhanglose Szenen, die dem Plot in keiner Weise dienen. Dieser Plot ist nämlich das größte Übel, der sich von einer klischeehaften Wendung in die nächste hangelt. Fast alles ist vorhersehbar und wenn man denkt, dass es nicht noch schlimmer werden kann liegt man falsch. Auch die gute schauspielerische Leistung von Oulaya Amamra kann das Trauerspiel nicht mehr retten, dessen Drehbuch so schwach ist, dass sich riesige Fragen an der Auswahl des Wettbewerbskomitees auftun.

Ein enttäuschender Film, erst Recht, da es so viele neue wunderbare französische Filme gibt, die zu Gunsten dieser abgenutzten Geschichte ignoriert wurden.

Le sel del lames

Regisseur: Philippe Garrel

Filmlänge: 100min

Produktionsländer: Frankreich, Schweiz