Irgendwann habe ich mal 50 Gründe fürs Laufen aufgeschrieben. Jetzt will ich einen Marathon laufen und keiner scheint mir Grund genug dafür zu sein mich dieser Quälerei hinzugeben. Ich hoffe einfach auf meinem Leidensweg zur erfolgreichen Marathoni 50 Weitere zu entdecken.

Unter Läufer*innen gibt es recht unterschiedliche Typen und recht unterschiedliche Herangehensweisen den mit Hass geliebten Sport auszuüben. Im Park oder auf Beton. Ausgerüstet mit Funktionskleidung und Flaschengürtel oder im Schlabbershirt, das seit drei Wochen nicht gewaschen wurde. Gut-Wetter-Läufer oder Wannabe-Profi.

Die größte Diskrepanz herrscht wahrscheinlich zwischen den Kopfhörer-Träger*innen und den Kopfhörer-Verweiger*innen. Ich gehöre zu den Verweiger*innen und wir sind definitiv in der Unterzahl. Klar kann man sich Gründe dafür einreden beim Laufen Musik zu hören. Das motiviert, das lenkt vom Leiden ab. Ich höre viel Deutschrap und da motiviert mich nicht viel dazu stundenlang durch die Gegend zu rennen.

In dem Film „Bride Wars“ sagt Protagonistin A an einer Stelle: „Wer beim Laufen Musik hört, kann mit seinen Gedanken nicht alleine sein.“ Sie beantwortete damit die Frage von Protagonistin B, warum sie bei der gemeinsamen Quälerei durch den Central Park keine iPods dabei hätten. Steile These, definitiv. Ich würde eher sowas sagen wie: „Wer beim Laufen Musik hört, hat gar keine Chance seine Gedanken überhaupt zu hören.“  Erst dann kann sich doch erst die Frage stellen, ob man mit diesen Gedanken allein sein kann.

Einer dieser mysteriösen 50 Gründe, die ich für’s Laufen aufgeschrieben habe lautet sogar: „Um Nachzudenken“. Ohne Musik auf den Ohren funktioniert das definitiv besser.

Mal ganz abgesehen davon ist Laufen eine Angelegenheit, die nicht ohne Rhythmus funktioniert. Die Mühe, eine Playlist zusammenzustellen, die vollkommen rhythmisch zu meinem Getrampel ist, würde ich mir niemals machen.

Mittlerweile drehen sich die meisten dieser Gedanken, die ich beim Laufen habe, um eben diese Kolumne hier. Dabei habe ich weniger epiphytische Eingebungen als viel mehr Ideen a la „Oh, so viel weniger Walker*innen in Berlin als im Münsterland. Sollte ich mal meine Gedanken zu Walker*innen aufschreiben? Mag ich sie oder hab ich eher so einen Hass auf sie, wie Achim Achilles?“

Auf der Laufstrecke vermeintlich großartige Ideen zu haben ist super. Ich fühle mich dann meist doppelt produktiv – gleichzeitig zu joggen und nachzudenken zeugt schon von außergewöhnlichen Multitasking-Fähigkeiten, ich weiß. Blöd nur, dass ich das Meiste, was mir einfällt, schon wieder vergessen habe bis ich zuhause angekommen bin und es aufschreiben könnte.