Kostenlos essen und gleichzeitig etwas gegen Lebensmittelverschwendung tun: Vom Foodsharing profitieren alle. Georg ist schon länger dabei und holt regelmäßig bei Supermärkten abgelaufene Lebensmittel ab – für ihn ist das immer wieder eine „Wundertüte“
Ein Drittel des gesamten deutschen Lebensmittelverbrauchs landet laut WWF jedes Jahr in der Tonne. Viele dieser Lebensmittel sind noch genießbar – doch die Läden müssen sie wegschmeißen, weil sie das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben. Foodsharing kann diese Lebensmittel vor dem Biomüll retten.
Über Foodsharing kommen Geringverdiener und Mittellose kostenlos an gesunde Lebensmittel wie relativ frisches Obst und Gemüse, das an der Kasse oft ordentlich zu Buche schlägt. Gleichzeitig können Umweltbewegte und Besserverdiener*innen ohne großen Aufwand etwas gegen das Wegschmeißen tun.
Für Georg, der eigentlich anders heißt, ist Foodsharing „die Chance, an Lebensmittel zu kommen, an die man sonst nicht so ran kommt.“ Da sind zum Beispiel die fünf Kilo Birnen, die er zu Birnenmarmelade verarbeitet hat, von der er ein Jahr lang essen kann.
Seit einem Jahr ist Georg, der in der IT-Abteilung eines Medienunternehmens arbeitet, „Foodsafer“. Das heißt, dass er abgelaufene Lebensmittel von Läden abholen darf. „Eigentlich ist es einfach, Foodsafer zu werden“, erzählt er. „Du meldest dich an, machst drei Probeabholungen, um dich mit den Grundverhaltensregeln vertraut zu machen und wenn du dann noch einen Online-Test bestehst, kriegst du deinen Ausweis und kannst abholen.“
Was Georg in den verschiedenen Läden bekommt, ist immer völlig offen. „Da braucht man Erfahrung“, sagt er. „Ich habe zwei Biosupermärkte, bei denen ich abhole. Bei dem einen gibt es häufig Backwaren, bei dem anderen Obst und Gemüse.“ Manchmal läuft es für Georg aber auch nicht so gut. „Einmal bekam ich von einem Supermarkt eine Tüte Brötchen und drei Paletten Geranien“, erzählt er schmunzelnd. Foodsharing ist für Georg eine „Wundertüte“ und das bedeutet für ihn, dass er flexibel sein muss. „Manchmal sind das große Mengen und dann braucht man ausreichend Kapazitäten, um das zu transportieren und zu verarbeiten“, sagt er. Viele Lebensmittel verschenkt er an Bekannte. Die Geranien etwa nahm eine balkonbesitzende Freundin dankend an.
Foodsharing ist auch ein soziales Ereignis
Foodsharing ist auch ein soziales Ereignis: Von Hartz-IV-Bezieher*innen, über Studierende hin zur regulären Arbeitskraft – in allen sozialen Gruppen gibt es Foodsharer. Die Gruppen mischen sich, wenn die Läden ihre Abholware bereitstellen und die Foodsharer anfangen, untereinander zu tauschen. Für Georg ist der soziale Kontakt beim Foodsharing wichtig. „Ich mach was, was mir und anderen gut tut“, sagt er. Beim Abholen des abgelaufenen Essens im Laden selbst kann der Reporter allerdings nicht dabei sein: Viele Läden wollen nicht, dass bekannt wird, dass sie beim Foodsharing mitmachen.
„Ich könnte theoretisch jeden Tag genug Backwaren abholen, um damit eine ganze Schule zu versorgen. Ich alleine und ich bin nur einer von vielen in Berlin. So viele Backwaren werden einfach nicht verkauft“, sagt er, und verweist damit auf ein eigentlich weithin bekanntes Problem in der modernen Lebensmittelwirtschaft.
Viele Kund*innen erwarten, dass sie das ganze Jahr über alle möglichen Gemüsesorten kaufen können, selbst wenn der Ingwer aus Nigeria eingeflogen werden muss. Was die Kund*innen nicht haben wollen, wird weggeschmissen.
„Dieses Konsumverhalten führt zu einer Industrie hinter den Lebensmitteln, die völlig krank ist“, meint Georg. Beim Foodsharing hingegen muss er sich auf das Angebot einstellen, das übrig bleibt, nachdem die anderen ihre Bedürfnisse befriedigt haben. Georg sagt, seitdem er Foodsharer ist, ist seine Wertschätzung für Lebensmittel deutlich gewachsen.