Vergangenen Mittwoch, am 2. November, wurde das Neue Museum in Berlin Schauplatz einer Premiere: Erstmals präsentierten Wissenschaftler aus altertumswissenschaftlichen Disziplinen wie der Kunstgeschichte, Archäologie oder Philologie im Rahmen des Antiquity Slams einem Publikum auf unterhaltsame Weise ihre Forschungsergebnisse. Veranstaltet wurde der Slam vom Berliner Antike-Kolleg und dem Exzellenzcluster TOPOI, finanziert von der Albert-Einstein-Stiftung.

Punkt 20 Uhr beginnt die Veranstaltung, die Tickets sind komplett ausverkauft. Passenderweise ist im Griechischen Hof des Neuen Museums, zwischen antiken Mauern, Statuen und Relikten, eine Bühne aufgebaut, vor der rund 150 Personen Platz nehmen und gespannt warten. Die meisten in legerer Abendgarderobe und im Alter von 25 bis 50 Jahren. Ohne Zweifel ein anderes Publikum, als man es vom Vorreiter, dem Poetry Slam, kennt. Der Antiquity Slam ist eine Variante des in Deutschland bereits seit 2006 bekannten Formats „Science Slam“. Bei diesem treten Wissenschaftler mit Texten gegeneinander an, die auf unterhaltsame und verständliche Weise in 10 Minuten ihr aktuelles Forschungsgebiet thematisieren. Requisiten sind, anders als beim klassischen Slam, erlaubt. Der stärkste Applaus des Publikums für eine*n Slammer*in kürt am Ende des Abends den bzw. die Gewinner*in mit dem ihrer Meinung nach gelungensten Text. Bisher waren vor allem die Naturwissenschaften unter den Science Slams vertreten. Der Antiquity Slam ist der erste seiner Art, der auf Altertumswissenschaften wie die Archäologie oder Kunstgeschichte Bezug nimmt.

Bevor es zu der Vorstellung der Slammer*innen kommt, wirft Christoph Markschies, ehemaliger Präsident der HU und Vizepräsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, begrüßend einen interessanten Gedanken auf: Die Antike als Erfinderin des Slams. „Denken Sie einmal an das Forum Romanum mit Pult und Plattform. Dort bedeutete Antike ständige knappe Reden inklusive der Reaktion des Publikums“, konstatiert der Vizepräsident. Warum die Altertumswissenschaften sich trotzdem so viel Zeit gelassen hätten, um in die aktuelle Science Slam-Szene einzusteigen? „Um zu zeigen, wie es richtig geht.“ Natürlich.

Die darauf folgenden Auftritte der Antiquity-Slammer waren, was ihre Inhalte und Umsetzung angeht, bunt gemischt. Insgesamt sind sechs Slammer*innen aufgetreten. Da war beispielsweise der antike Lobbyismus, der sich an Monumenten des alten Roms feststellen lässt oder die Geschichte des Untoten-Kults und dessen Erkennungszeichen für die gegenwärtige Archäologie sowie die Gefahr, die heutige Darstellungen von der Antike in Blockbuster-Filmen und scheinbar fundierten Dokumentationen für die Archäologie darstellen.

Wie unterschiedlich die Themen, so auch ihre Umsetzung: Von Slams, die einem guten, verständlichen Referat gespickt mit auflockernden Witzen und Folienpräsentation glichen, über Slams, die den Gegenstand ihrer Forschung in eine Detektiv-Geschichte übersetzten und die Thematik dem Publikum somit anschaulicher machten.

Der Grund für diese verschiedenen Herangehensweisen liegt vermutlich in der für Wissenschaftler*innen ganz neuen Herausforderung ihr Forschungsthema in 10 Minuten und einem fachfremden Publikum leicht verdaulich und unterhaltsam vorzutragen. Jens Notroff, der mit „Sesshaft dank Bier: After-Work-Partys in der Steinzeit” zum Gewinner des Abends gekürt wurde, bestätigt dies. Als Wissenschaftler neige man dazu, eher ausufernd zu präsentieren, man möchte alles belegen und Referenzen anbringen. „Eine Kernaussage zu filtrieren ist tatsächlich auch für uns eine Hilfe, dass man sich mal vergegenwärtigt, was genau man eigentlich sagen möchte“, so der Archäologe in einem Interview mit dem Kulturradio vom rbb.

Eine Win-win-Situation also, wenn es gut umgesetzt wird. Es wurde höchste Zeit die Geisteswissenschaften, im Speziellen die Altertumswissenschaften, im Science Slam an die Seite der Naturwissenschaften zu stellen. Der erste Antiquity Slam geht als gutes Beispiel für einen abwechslungsreichen und interessanten Abend voran. Der nächste soll vermutlich im Juni oder Juli 2017 stattfinden.

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