Die Psychologisch-Psychotherapeutische Beratungsstelle des Studentenwerks unterstützt Berliner Studierende bei allen Herausforderungen des Studiums. Ein Gespräch mit der Psychologin Birgit Rominger über Studienprobleme, Lösungen und Selbstoptimierung.

UnAufgefordert: Mit welchen Problemen wenden sich Studierende an Sie?

Birgit Rominger: Mit allen Problemen, die es im Leben von Menschen gibt. Das fängt an bei Ängsten und endet bei Zwängen. Relativ viele Studierende kommen mit Studienthemen zu uns, dann stellt sich heraus, dass es um tiefere Probleme geht. Das können Selbstwert- und Partnerschaftsprobleme oder psychische Erkrankungen sein. Häufige Studienprobleme sind Arbeitsstörungen oder das Aufschieben am Ende des Studiums.

In unserer aktuellen Ausgabe dreht sich alles um Selbstoptimierung. Viele Studierende streben nach optimalen Lebensläufen, besseren Praktika und einem effizienten Tagesablauf. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Selbstoptimierung heißt ja im Grunde, dass man das selbst macht. Nur wenn das nicht gelingt, wird unsere Beratungsstelle aufgesucht. Wenn man merkt, dass die Strategien, die man nutzt, nicht mehr funktionieren.

Wäre es sinnvoll, wenn sich Studierende ohne Probleme an Sie wenden würden – zur Selbstoptimierung?

Ich glaube, dass es immer eine Hürde ist, in eine psychologische Beratungsstelle zu gehen. Ein Coach wäre manchmal ganz gut. Aber wir sind keine Coaches. Das macht man in einem Seminar, das die Uni anbietet ober bei der Studienberatung.

Hatten Sie denn einmal Studierende hier, die sich selbst krankgecoacht haben?

Natürlich gibt es Menschen, die sich sehr auf einen Lebensbereich fokussiert und dabei andere vernachlässigt haben.

Haben Sie ein Beispiel?

Ja. Ein Student möchte sich auf sein Staatsexamen in Jura vorbereiten – eine sehr anspruchsvolle Prüfung – und möchte natürlich ein Prädikatsexamen, um später in eine gute Kanzlei zu kommen und damit viel Geld zu verdienen. Er bereitet sich über ein Jahr mit den besten Repetitorien darauf vor. Er geht dann – wann macht das Grimm auf um acht Uhr ins Grimm und bleibt da, bis die Bibliothek wieder zu macht. Er konzentriert sich ein Jahr lang nur noch aufs Lernen. Irgendwann bricht das System zusammen. Es gibt eben auch andere Dinge, die wir im Leben brauchen: soziale Sachen. Wir brauchen andere Formen von Kultur, wir brauchen Abstand.

Den ganzen Tag zu lernen, ist also nicht optimal für den Erfolg. Wie würde der perfekte Ablauf denn aussehen?

Meine Erfahrung zeigt, dass es nicht den einen optimalen Ablauf gibt. Ich habe Studierende hier, die lernen gerne abends und nachts. Ich kenne sogar einen Professor, der hat seine Habilitation nachts geschrieben. Die einen können wirklich um acht Uhr morgens anfangen. Dann gibt es Studierende, die können sich erst abends um 18 oder 20 Uhr hinsetzen.

Wenn ich mich nun selbstoptimieren möchte, wo würden Sie mich hinschicken?

Ich würde Sie erst mal fragen, was genau Sie denn optimieren möchten.

Meinen Tagesablauf so strukturieren, dass ich möglichst effizient studieren kann.

Da wäre für mich das Erste die Studienberatung. Man kann auch im Internet recherchieren. Viele Studierende wollen mehrere Bereiche gleichzeitig optimieren. Das geht in aller Regel schief. Man sollte sich fragen: „Was möchte ich verbessern?“, um sich dann auf eine Sache zu fokussieren.

Bräuchte man nicht eine Person, die das koordiniert, wenn man es selbst nicht kann?

Die Schritte nacheinander zu machen, reicht normalerweise. Voraussetzung für den Erfolg ist aber eine freundliche Haltung gegenüber sich selbst. Wenn man sich ablehnt, führt das dazu, dass man eine viel größere Hürde hat, etwas zu verbessern. Und immer von sich selbst ausgehen! Nicht pauschal denken! Es gibt Ratgeber, die schreiben Ihnen ein bestimmtes Programm vor. Aber wenn Sie ein Tief zwischen 11 und 15 Uhr haben, bringt es Ihnen nichts, wenn die um 12 Uhr eine Aufgabe für Sie haben.

Ich habe zum Beispiel Studienpläne, die ich Studierenden mitgebe. Bei einer Version ist die genaue Uhrzeit aufgeschrieben, bei der anderen Version morgens, mittags, abends. Für manche Personen ist es ganz gruselig um Punkt acht Uhr anzufangen, die brauchen eine Gleitzeit. Andere nicht.

Es gibt auch Apps, die einem dabei helfen sollen, sich zu optimieren. Würden Sie Studierenden so etwas empfehlen?

Das kann man nicht pauschal beantworten. Wenn es einem hilft, so seinen Tag selbst zu strukturieren, könnte man darauf zurückgreifen. Aber Menschen, die das nutzen, sind meiner Erfahrung nach Menschen, die sich auch ohne Hilfe eine bessere Struktur geben können.

Jemand, der solche Programme benutzt, braucht sie also gar nicht?

Sehe ich so. (lacht)

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Rominger.

 

Die Fragen stellte Roland Lindenblatt.

 

Mehr zum Thema „Selbstoptimierung“ in unserer neuen Ausgabe – ab Montag, den 02.02.2015, überall in der Humboldt-Universität oder per Abonnement (www.unauf.de/kontakt/abo).