Nachdem er den ersten ausgegraben hat, macht sich unser Autor nun auf die Suche nach dem erfolgreichsten Podcast der Welt. In den USA wird er vermeintlich fündig: „The Daily“ von der New York Times

Es ist kompliziert. In vielen Ländern ist Apple Podcasts die größte Podcastplattform. Aber eben bei weitem nicht der einzige. Menschen hören Podcasts bei Streamingdiensten wie Spotify oder Soundcloud, auf Videoplattformen wie Youtube, sie beziehen ihre Lieblingsshows über eine Vielzahl kleinerer Podcastapps oder direkt von der Website der Macher*innen. Deshalb ist die Frage nach dem erfolgreichsten Podcast nicht ganz einfach zu beantworten.

In den USA, dem weltweit größten Podcastmarkt, war 2018 das Jahr der New York Times. Ihr täglicher Podcast „The Daily“ war in diesem Jahr der reichweitenstärkste. In halbstündigen Folgen konzentriert sich Journalist und Moderator Michael Barbaro auf ein Thema, das im hektischen Nachrichtenalltag zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. „This is how the news should sound.“ Diese Messlatte haben sich Barbaro und sein Team gesetzt.

Barbaro begibt sich zum Beispiel an die Anfänge des Afghanistankriegs und erfährt, dass die USA kurz nach ihrem Einmarsch die Gelegenheit hatten, einen Friedensvertrag mit den am Boden liegenden Taliban zu schließen. Bush und seine Militärs lehnten ab, weil sie den Taliban nicht vergessen konnten, dass die Al-Qaida unterstützt hatten. Sie wollten den Sieg auf ganzer Linie. Und bekamen 17 Jahre Krieg. Zehntausende Tote später kontrollieren die Taliban wieder weite Teile Afghanistans, die USA sind müde und überlassen ihnen wohl das Land, für das Versprechen, keine Terroristen mehr zu stützen.

Ein anderes Mal lädt Barbaro einen Times-Reporter ein, der auf eine besondere Facebookseite gestoßen ist: „Mad World News“ wurde von Corey und Christy Pepple gegründet, einem Pärchen, das mehr oder weniger ungeplant zu großem politischem Einfluss kam. Die Geschichte: Corey kommentiert in seiner Freizeit auf Facebook Liberale, wird geblockt, legt sich eine eigene Seite an und schreibt dort weiter. Er bemerkt bald, dass er gutes Geld dafür bekommt, auf seiner Page Werbung zu schalten. Im Urlaub wagt er dann den Versuch: Er schreibt Vollzeit und verdient in einer Woche mehr als in seinem eigentlichen Beruf in einem Monat. Er kündigt und schreibt immer krassere Artikel: „Atheists Demand Church Remove Welcome Sign Because Of Its ‘Offensive’ Message”. Religion, Rasse, Patriotismus, Polizei – alles was bei stolzen US-Amerikanern Reaktionen provoziert. Bald hängt auch seine Frau ihren Job als Krankenpflegerin an den Nagel und steigt mit ein. „Muslim Family Arrested For Keeping White Couple As Slaves“. Hauptsache es knallt. In ihren besten Monaten bekommen sie über 200 Millionen Klicks und verdienen damit etwa 120.000 Dollar.

„The Daily“ erzählt geduldig ohne unnötige Längen zu produzieren. Die Berichte sind nie reißerisch, aber immer mit Gefühl für die Geschichte. Barbaro ist die New York Times für die Ohren, genauso liberal und demokratisch wie auf Papier. Er begegnet seinen Gesprächspartnern mit Respekt und, obwohl sie oft anderer Ansicht sind, nie mit offener Ablehnung. „This is how the news should sound.“ Diese sehr hohe Messlatte nehmen Barbaro und seine Team sehr ernst und das hört man am Ende eben.

 

Den Podcast „The Daily“ könnt ihr auf der Website der New York Times, auf Spotify, bei Apple Podcasts oder im Podcast-Player eurer Wahl hören.