Parlamentsreport zur Sitzung vom Mittwoch, den 30.05.2018

Die zweite Sitzung des 26. StuPas war erneut von AfD-Vorwürfen und der andauernden Debatte über Intransparenz geprägt. Ein listenübergreifendes Gremium soll sich jetzt mit den Defiziten auseinandersetzen. Außerdem: Die Nachfrage nach studentischen Beratungsangeboten steigt weiterhin.

Auch die zweite Sitzung des 26. StuPas Ende Mai war erneut geprägt von der Debatte um Transparenzdefizite. Dieses Mal mit Folgen: Auf Betreiben von LinksGrünVersifft (LGV) und Jusos wurde die Einrichtung eines Gremium mit Vertreter*innen aller Listen beschlossen, das im weiteren Verlauf der Legislaturperiode Missstände aufklären und Verbesserungsvorschläge erarbeiten soll. Die im Vorfeld angekündigte erste Lesung eines Antrag zur Erhöhung des Studentenschaftsbeitrages auf 9,90 Euro musste auf die nächste Sitzung Ende Juni vertagt werden.*

“Steigerung der Partizipation ist vor allem Aufgabe der Listen”

Zu Beginn der Sitzung wurde von Präsidium und RefRat-Mitgliedern vorgestellt, was in den Wochen nach der letzten Sitzung erwähnenswertes geschehen ist. Im selben Atemzug wurde der letztjährige Referent für Internationales, Fabio Almurtada für dieses Amt wiedergewählt. Das vorher autonom gewählte LGBT*I-Referat wurde vom StuPa bestätigt. Ein Antrag des SDS zur Solidarisierung mit den Streikenden rund um TV-Stud wurde mit zwei Enthaltungen und keinen Gegenstimmen angenommen.

Bevor die Einrichtung des listenübergreifenden Gremiums vom StuPa mit großer Mehrheit beschlossen wurde, hatte eine Koalition rund um Power of Science (PoS), Liberale Hochschulgruppe (LHG) und Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS)  einen Antrag zum Thema „Partizipative Studierendenschaft“ eingebracht. Der Antrag bündelte  Forderungen, die in der ersten Sitzung im April bereits knapp abgelehnt wurden oder nicht zur Behandlung gekommen waren. Die Koalition forderte darin unter anderem die Veröffentlichung vorläufiger Protokolle des 26. StuPas binnen 14 Tagen nach Sitzungsende. Darüber hinaus forderten sie zum Beispiel, Anwesenheitskontrollen von Referent*innen und StuPa-Mandatsträger*innen einzuführen und Verbesserungen bei der Ankündigung von Referatswahlen anzustreben. Der Antrag wurde mit 29 Gegenstimmen abgelehnt.

Insbesondere vonseiten des RefRats hieß es, die Bereitstellung vorläufiger Protokolle innerhalb von 14 Tagen sei wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwands nicht zu leisten. Öffentlichkeitsarbeit und Maßnahmen zur Erhöhung der Wahlbeteiligung müssten laut Antragsgegner*innen vor allem durch die Listen, nicht den RefRat, geleistet werden. Die Listen seien, ähnlich den Parteien auf Bundesebene, für die Förderung politischer Partizipation verantwortlich. Entgegen der Auffassung der Antragstellenden vertrat das Präsidium die Ansicht, dass der Antrag nur mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen werden könne. Laut Präsidium greife der Antrag in die Geschäftsordnung ein, obwohl im Antragstext von einer Begrenzung der Maßnahmen auf das 26. StuPa (anstelle aller zukünftigen Sitzungen des StuPa) die Rede war. Durch diese Begrenzung der geforderten Maßnahmen auf die aktuelle Legislaturperiode greife der Antrag laut PoS und anderen Unterstützer*innen nicht in die Geschäftsordnung des StuPas ein und könne somit per einfacher Mehrheit beschlossen werden. Mit dem gleichen Kniff ist zu Beginn des Jahres ein Antrag der Liste unabhängiger Studierendern (LuSt) auf harte Quotierung der Redelisten beschlossen worden, der ebenfalls ausschließlich für den Zeitraum der Legislatur des 26. StuPa gilt. Es wurde öffentlich nicht abschließend geklärt, welche Mehrheit der Antrag von PoS und Co. benötigen würde.

Neben inhaltlicher Kritik wurde dem Antrag „Partizipative Studierendenschaft“ der Vorwurf der AfD-Nähe zum Verhängnis. Deren Abgeordneten sind der verfassten Studierendenschaft der HU in den vergangenen Monaten mit Anfragen im Berliner Senat und in öffentlichen Auftritten besonders feindselig entgegengetreten. Dabei zielten Teile der Kritik von AfD-Abgeordneten auf intransparente Praktiken in StuPa und RefRat ab, die vor der AfD bereits von verschiedenen Medien und der FDP im Senat thematisiert worden waren.Trotzdem warfen Vertreter*innen der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) den antragstellenden Listen vor, sie betrieben mit ihrem Antrag „Partizipative Studierendenschaft“ primär das Geschäft rechtsextremer Agitatoren.

AfD-Vorwürfe der IYSSE sind „Hetze und Verleumdung“

Kim Greis (PoS) bezeichnete die Vorwürfe der IYSSE, die im Vorfeld der Sitzung auch weiträumig auf Plakaten zu lesen waren, als „Hetze und Verleumdung“ sowie als „einen Schlag ins Gesicht“ der Listen, die sich um transparentere Verhältnisse im StuPa bemühen. Viele der Unterstützer*innen des Antrags „Partizipative Studierendenschaft“ würden sich neben dem Studium bei der Grünen Jugend, der Linksjugend und anderen demokratischen Bündnissen engagieren.

Die Debatte machte deutlich, dass im StuPa zwar Konsens darüber herrscht, dass man der AfD und ihrer studierendenfeindlichen Agenda grundsätzlich entgegentreten müsse. Klar wurde im Dialog zwischen IYSSE, PoS, StuPa Progressiv und anderen aber auch, dass in der Frage nach der richtigen Strategie gegen die wiederholten Angriffe von rechts Uneinigkeit herrscht.  „Die IYSSE treibt den Rechtsruck selbst mit voran, wenn sie der AfD so viel Raum gibt und die Debatte von ihr bestimmen lässt“, so Kim Greis (PoS). „Durch Satzungsbrüche und ähnliches werden wir angreifbar“, so Greis weiter. „Wir dürfen der AfD bei der Hütung der Transparenz nicht das Feld überlassen.“

Nach der intensiven Antragsdebatte zu „Partizipative Studierendenschaft“ brachten federführend Sophia Ziese und Constantin von Estorff (beide LGV) sowie Bengt Rüstemeier von den Jusos ihren Antrag zur Einrichtung eines “ständigen Gremiums zur Stärkung der politischen Partizipation der Studierenden” ein. Der Antrag, der von vielen Anwesenden als Komplementärantrag zum vorhergehenden Antrag von PoS beschrieben worden war, ist mit großer Mehrheit angenommen worden. Vertreter*innen aus allen Listen sollen sich nun mit der  „Klärung der vorgeworfenen Problematik bezüglich Amtszeitüberschreitungen im RefRat“ und „Informationszugängen“ beschäftigen und Maßnahmen zur Erhöhung der Wahlbeteiligung erarbeiten. Das Gremium, dem jeweils ein oder eine Vertreter*in jeder gewählten Liste angehören wird, soll sich weitestgehend selbst organisieren und nach Erarbeitung mehrheitsfähiger Maßnahmen wieder auflösen.

Zu den Vorwürfen vonseiten der IYSSE sagten Vertreter*innen von LGV es sei lächerlich, dass man das Thema Transparenz nicht aufgreifen könne, ohne als „Saatgutboden der AfD“ bezeichnet zu werden. Mit der Bildung der Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen aller gewählten Listen beginnt das StuPa nun, die Vorwürfe inhaltlich aufzuarbeiten, die UnAuf, Tagesspiegel, FDP und andere bereits im vergangenen Jahr erhoben hatten.

Debatte zur Beitragserhöhung verschoben

Neben der Transparenzthematik, die nach dem Beschluss des listenübergreifenden Gremiums von LGV und Jusos wohl in den nächsten Sitzung zunächst in den Hintergrund rücken wird, konnten auch einige andere Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden. So erhält der Veranstaltungsraum Röhre am SBZ Prüfstand auf dem Adlershof maximal 5000 Euro, um die Veranstaltungstechnik vor Ort aufrüsten zu können. Auch einem Projekt des Organisationsteams „Generation Nachhaltigkeit“ bezüglich einer studentischen Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit wurden 990 Euro an Unterstützung zugesprochen.

Vertreter*innen der studentischen BAföG-Beratung haben den Abgeordneten Zahlen zur Auslastung der durch den RefRat betreuten Beratungsangebote vorgelegt. Dabei haben sie deutlich gemacht, dass insbesondere die Anzahl der BAföG-Beratungen sowie die Anzahl der Beratungskontakte allgemein, etwa zu Mietrechtsfragen, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind.

Unter anderem wegen dieser Zusatzbelastung plante das Finanzreferat, über eine Erhöhung des Studentenschaftsbeitrags auf 9,90 Euro zu diskutieren. Wegen der zeitintensiven Debatten zu den Anträgen von PoS, LGV und den Jusos wurde die erste Lesung des entsprechenden Antrags auf die kommende Sitzung am 21. Juni verschoben.

*Korrektur vom 14.06.: In der ersten Version des Artikels war von einer geplanten Abstimmung über den Antrag zur Erhöhung des Studentenschaftsbeitrags die Rede. Tatsächlich sollte der Antrag des Finanzreferats nur in die erste Lesung gehen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. 

Autor*innen:

Tim Stripling, Sophie Neumann, Jan Alexander Casper

 

Foto: Privat

 

6 KOMMENTARE

  1. Hallo liebe UnAuf-Reaktion, danke erst mal für euren Parlamentsreport! Wir haben ein paar Punkte zur letzten Sitzung, die wir von LGV und den Jusos ein wenig anders sehen:
    1. Bei dem Ausschuss geht es nicht darum, auf die angeprangerten Missstände zu reagieren, sondern diese erstmal selber herauszuarbeiten und anzugehen! Das Primärziel ist, die politische Partizipationsmöglichkeiten der Studierenden zu verbessern, also die Möglichkeiten, sich auch wirklich Hochschulpolitisch zu engagieren
    2. Zwar haben einige Mitglieder unseren Antrag als Komplementärantrag empfunden, aber dann würden wir uns auch über die Gegenposition freuen: Der Antrag ist kein Komplementärantrag, weil er im Gegensatz zu dem von PoS und co. keine Vorbelastete Historie(verweise auf AfD-Antrag) hat, alle in der Erarbeitung einer Lösung einschließt und als Gremium nachhaltig angelegt ist. Transparenz kann man nicht entscheiden, sondern muss man auf Dauer umsetzen!

  2. Dann schreibt das halt oben auch so, und hört mit diesem bescheuerten “Uh oh alles ganz böse”-Suggerieren auf.

    • Liebe*r Kommentator*in,

      oben wird die Diskussion beschrieben, in der die Antragsstellenden und das Präsidium darlegen, ob und inwiefern der Antrag die Geschäftsordnung berührt oder nicht. Suggestion findet dort nicht statt, sondern eine Beschreibung des Austauschs.

      Beste Grüße

      die Redaktion

      • Ähm: nein. Ihr würdet doch euer eigenes Suggerieren noch nicht mal mehr erkennen, wenn es euch direkt vors Gesicht gebunden werden würde.

  3. “Es wurde öffentlich nicht abschließend geklärt, welche Mehrheit der Antrag benötigen würde.” – wurde, zumal gibt es da nichts zu deuteln, wenn die Geschäftsordnung betroffen ist, ist dort klar festgehalten, was nötig wäre, um sie zu ändern. Ergo: wer die Geschäftsordnung lesen kann wäre klar im Vorteil. Einfach mal zu Ende recherchieren ist bei euch nicht so en vogue, ne?

    • Liebe*r Jeunesse Esch,

      die Debatte zwischen den Antragsstellenden und dem Präsidium hat sich um die Frage gedreht, ob die Geschäftsordnung durch den Antrag betroffen ist. Diese Frage wurde im Plenum nicht abschließend geklärt.

      Beste Grüße aus der Redaktion

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