1947, Delhi.

Indien hat sich friedlich in die Unabhängigkeit gekämpft und doch scheint es sich nicht einen zu können. Das Vereinte Königreich entsendet einen Vizekönig, Lord Mountbatten (Hugh Bonneville) und seine Familie, um das Land schrittweise in die Selbstherrschaft zu übergeben. Die muslimische Minderheit will jedoch nicht friedlich mit den Hindus und Sihks zusammenleben. Viele von ihnen wollen ihren eigenen Staat, Pakistan – das „Land der Reinen“.

Mountbatten, seine Frau Edwina (Gillian Anderson) sowie Tochter Pamela (Lily Travers) interessieren sich für das Land und die Menschen, die dort leben. Sie erkennen den Rückzug des Vereinten Königreiches an und setzen sich für Inklusion und Kommunikation zwischen den verschiedenen Menschen- und Religionsgruppen ein. Nichtsdestotrotz leben sie in einem prächtigen Palast, der von bis zu 500 Bediensteten unterschiedlicher Religionen und Herkunft bewirtschaftet wird. In kürzester Zeit kommt es zu Tumulten im Land und Menschen, die eben noch Seite an Seite gegen die Herrschaft Englands demonstriert haben, stellen sich nun gegeneinander. Der Vizekönig muss eine Lösung finden.

Schon diese Geschichte alleine gäbe genug Stoff für einen spannenden Historienfilm. Doch die Regisseurin Gurinder Chadha ließ sich für den Film von ihrer eigenen Vorgeschichte inspirieren. Ihre Großeltern verloren sich im Zuge der Teilung Indiens und fanden sich erst zufällig Monate später wieder. In Viceroy‘s House stehen die Muslimin Aalia (Huma Qureshi) und der Hindu Jeet (Manish Dayal) für die verbotene Liebe und kämpfen für eine gemeinsame Zukunft. Im Palast angestellt haben sie direkten Zugang zu den Bedenken und Anweisungen Mountbattens und Einblicke in die Zukunft ihres Landes.

Auch Mahatma Gandhi, gespielt von Neeraj Kabi, meldet sich zu Wort: Einem Pakistan steht er kritisch gegenüber, denn neue Staaten werden selten in Frieden geboren. Dafür müsse außerdem eine fast willkürliche Grenze durch Indien gezogen werden. Die Muslimliga hingegen vertritt den Wunsch, ein neues Land zu gründen, in dem alle Muslime in Frieden leben können. Schließlich leitet Mountbatten die Teilung in die Wege – nur so können den gewalttätigen Auseinandersetzungen ein Ende gesetzt werden – und auch Aaalia und Jeet müssen sich verabschieden.

Gurinder Chadha zeigt Geschichte und Emotionen und dass eine politische Entscheidung jedes einzelne Leben und unzählige Beziehungen beeinflusst. Sie stellt Pracht und Reichtum der Armut und Verzweiflung gegenüber, das erinnert an manchen Stellen an Bollywood-Filme, öffnet den Film aber auch für weniger geschichtsinteressierte Menschen. Dabei lässt sie auch Platz für Hoffnung und den Glaube an die Liebe und entlässt die Zuschauer mit einem angenehmen Gefühl im Bauch.

 

Bären-Potenzial: Viceroy‘s House läuft im Wettbewerb. Zu viel Kitsch und Pracht verhindern jedoch ein Rennen um die ersten Plätze.

BZQ-Punkte: Der Film erspart mindestens ein ganzes Geschichtssemester über die politischen Hintergründe und Abläufe der Teilung Indiens.

Prokrastinationspotenzial: Der Film ist kein typischer Liebesfilm, sondern verbindet mehrere Genres miteinander. Es ist für jeden etwas dabei und die Lust zu prokrastinieren kann hiermit gut gestillt werden.

Kuschelfaktor: Sehr sehr hoch! So viel tief in die Augen blicken, Liebesversprechen und Emotionen gibt es im Wettbewerb (bisher) weniger zu finden.

UnAuf-Punkte: 3 von 5

Regie: Gurinder Chadha. Mit: Hugh Bonneville, Gillian Anderson, Huma Qureshi, Manish Dayal, u.a.

 

Foto:

© Kerry Monteen Photography