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Endstation: Rathaus Steglitz

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Kafkas Schloss

 

Wir machen uns auf den Weg ans Ende unserer Welt. Zurückbleiben bitte! Heute: Mit der U9 nach Rathaus Steglitz.

Übrigens ist hier in Steglitz das Leben friedlich, die Kinder wohlaussehend, die Bettelei nicht beängstigend, der Fundus aus früheren Zeiten immer noch großartig und in gegenteiligem Sinne beschämend. Vor der inneren Stadt freilich halte ich mich zurück, war nur dreimal dort, mein Potsdamer Platz ist der Platz vor dem Steglitzer Rathaus, noch ist er mir zu lärmend, glücklich tauche ich dann in die wunderbar stillen Alleen“, schrieb Franz Kafka 1924 an seinen Freund Max Brod.

Franz Kafka lebte während seiner Berliner Zeit im damals noch ländlichen Bezirk Steglitz. Zusammen mit seiner Freundin Dora Diamant bewohnte er eine bescheidene Wohnung in der Grunewaldstraße 13, ca. 750 Meter vom Rathaus Steglitz entfernt. Fast 100 Jahre später würde sich der lärmempfindliche Autor vielleicht nicht mehr ganz so wohl in seinem Viertel fühlen.

Steigt man nämlich heute bei der südlichen Endstation der U9 aus, ist man mittendrin im turbulenten Stadtleben. Neben der U-Bahn führen die S-Bahnlinie 1, sechs Buslinien und die Bundesautobahn 103 zu Kafkas ehemaligem Kiez. Das Steglitzer Rathaus ist mittlerweile architektonisch in das Shoppingcenter „Das Schloss“ integriert worden und markiert den Anfang der Schlossstraße, die neben dutzenden Einzelhandelsgeschäften mit drei weiteren Shoppingmalls aufwartet. Der Hermann-Ehlers-Platz gegenüber dem Rathaus, hätte Kafka sicher noch immer gefallen, läge er heute nicht im Schatten eines dreißig stöckigen Hochhauses, dem Kreisel.

Biegt man beim Rathaus Steglitz jedoch in die Grunewaldstraße ab, ist man schnell in den „wunderbar stillen Alleen“, die Kafka so liebevoll beschreibt. Der Fichtenberg mit seinen eleganten Villen und die historische Sternwarte, der Botanische Garten sowie die zahlreichen Grünanlagen im benachbarten Dahlem laden auch heute noch zum friedlichen Verweilen ein.

Wer Lust hat, sich Steglitz aus Kafkas Sicht anzueignen, kann sich bei sarahmondegrin.de für „Kafka-Walks“ anmelden. Die Touren „Ohropax für Kafka“, „Kafka in Grün“ und „Imagine Kafka“ starten jeweils von der Schwartzschen Villa in der Grunewaldstraße 55 und kosten ermäßigt 10 Euro.

Alma Gretenkord, 25, Europäische Ethnologie